Das costaricanische
Handelsvertreterrecht
Rechtsanwalt
Dr.
Dirk Roger Rissel, LL.M.
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Die Vertragsgestaltung mit
ausländischen Handelsvertretern und Vertragshändlern ist ein schwieriges Feld,
muß doch bei Verträgen mit costaricanischen Handelsvertretern das ausländische
Recht beachten werden. Im folgenden soll ein kurzer Überblick über das
costaricanische Recht gegeben werden, das den Handelsvertretern und
Vertragshändlern eine starke Position gegenüber dem ausländischen
exportierenden Unternehmen einräumt.
|Gesetzliche
Rahmenbedingungen| |Gerichtsstandsklauseln| |Rechtsstellung
des Handelsvertreters||Vertragliche Ansprüche und Pflichten|
|Vertragsbeendigung| |Entschädigung|
|Ausschlußfrist für die Geltendmachung von
Ansprüchen|
1. Gesetzliche Rahmenbedingungen
Gesetzesbestimmungen betreffend
Handelsvertreter ausländischer Gesellschaften sind im Handelsgesetzbuch (Código
de Comercio = CCom) (Título III, Capítulo 7: De los representantes de casas
extranjeras) sowie im Gesetz zum Schutz des Vertreters ausländischer Firmen
(Ley de Protección al Representante de Casas Extranjeras, Gesetz Nr. 6209 vom
9.3.1978) und in der Verordnung „Reglamento de Representantes de Casas
Extranjeras“ (Verordnung Nr. 2973-H-MEIC vom 10.4.1973) geregelt. Die
Verordnung Nr. 8599-MEIC vom 5.5.1978 (Alcance N° 108 a La Gaceta N° 115 vom
16.6.1978) regelt die Entschädigung ausländischer Handelsvertreter.
2. Gerichtsstandsklauseln
In costaricanischen
Handelsvertreterverträgen wird häufig ein Gerichtsstand vereinbart
(Gerichtsstandsklauseln). Bis vor kurzem war die Vereinbarung eines
ausländischen Gerichtsstands für das Vertragsverhältnis in Costa Rica nicht
möglich (vgl. statt aller Fachler/Pacheco, Law of Agency and Distribution in
Costa Rica, S. 15).
Dies wurde aus Art. 7 Ley de Protección al Representante de Casas Extranjeras
gefolgert, wonach die Rechte des Handelsvertreters nach diesem Gesetz nicht
abdingbar sind (vgl. Fachler/Pacheco, aaO.).
Ende 2000 hat der costaricanische
Verfassungsgerichtshof diese Bestimmung jedoch für verfassungswidrig erklärt
(Entscheidung der Sala Constitucional N° 10352-00 vom 22.11.2000).
Gerichtsstandsklauseln in Handelsvertreterverträgen, in denen ein
ausländischer Gerichtsstand vereinbart wurde, werden seither in Costa Rica für
wirksam erachtet (vgl. z.B. die Entscheidung Nr. 40 des Tribunal Segundo Civil
vom 2.2.2001 in "BMW AG gegen Motos Breyman S.A.").
3. Rechtsstellung des
Handelsvertreters
Bei Vertretern ausländischer Firmen
handelt es sich um natürliche oder juristische Personen mit Sitz in Costa
Rica, die ständig für Rechnung einer ausländischen natürlichen oder
juristischen Person Aufträge vermitteln, wofür sie eine Provision erhalten
(vgl. Art 360 CCom).
Handelsvertreter können nur Costaricaner oder dauerhaft in Costa Rica
niedergelassene Ausländer sein (Nachweis der Einwanderungsbehörde gemäß Art.
361 f. CCom, Art. 3 Ausführungsverordnung erforderlich), die über eine
ausreichende kaufmännische Ausbildung verfügen, zahlungsfähig und ehrenwert
sind (vgl. Art. 361 CCom). Das in lit) d) dieser Bestimmung enthaltene
Erfordernis der Eintragung ins Handelsregister ist durch Gesetz Nr. 7472 vom
20.12.1994 weggefallen.
Art. 366 CCom begründet das Recht
eines jeden ausländischen Unternehmens, Geschäftstätigkeit in Costa Rica durch
einen Handelsvertreter zu entfalten, solange dieser die Voraussetzungen des
Art. 361 CCom erfüllt.
Der Vertreter ausländischer Firmen
handelt immer für Rechnung dieser Firmen, ohne selbst für deren Vertragsbruch
den Kunden gegenüber verantwortlich zu sein. Seine Verantwortlichkeit
beschränkt sich nach Art. 363 CCom auf die strikte Einhaltung der ihm
erteilten Weisungen. Neben der Vertretung kann er sich der Ausübung weiterer
Geschäfte widmen, solange diese verschieden sind von den Geschäften, die er
als Handelsvertreter ausübt.
4. Vertragliche Ansprüche und Pflichten
Der Vertreter ist verpflichtet, dem
Unternehmen unverzüglich alle Vertragsangebote weiterzuleiten, die er erhält,
sowie Rechenschaft über die abgeschlossenen Verträge abzulegen (Art. 356 CCom).
Jeder Vertreter hat seine Vertretungsmacht nachzuweisen (Art. 357 CCom).
In Ermangelung einer vertraglichen Vereinbarung erhält der Vertreter für alle
von ihm vermittelten Geschäfte eine Provision aus dem Kaufpreis, deren Höhe
sich nach dem Handelsbrauch des Ortes richtet, an dem das Geschäft
durchgeführt wird (Art. 353 CCom).
Wird das Geschäft ganz oder teilweise
durch Vorsatz oder schweres Verschulden des Unternehmens nicht ausgeführt, so
behält der Vertreter seinen Provisionsanspruch (Art. 354 CCom).
Hat der Vertreter in einem bestimmten
Gebiet ein Ausschließlichkeitsrecht übertragen erhalten, so hat er Anspruch
auf Provision für alle Geschäfte, die der Unternehmer oder ein anderer
Beauftragter auch ohne Vermittlung des Vertreters mit Kunden seines Bezirks
direkt abgeschlossen hat.
Die costaricanischen Gerichte haben
auch aus dem Umstand, daß eine ausländische Firma einem Handelsvertreter Geld
für Verkaufskommissionen gegeben hat, ohne daß die Geschäfte unter seiner
Vermittlung stattgefunden haben, auf eine solche
Ausschließlichkeitsvereinbarung geschlossen (vgl. Tribunal Superior Segundo
Civil, Sección Segunda, Entscheidung Nr. 78 vom 9.3.1981, 14:05 Uhr).
Ein Ausschließlichkeitsrecht kann auch
dadurch entstehen, daß das ausländische Unternehmen über einen längeren
Zeitraum lediglich einen Handelsvertreter beschäftigt (vgl. Fachler/Pacheco,
aaO, S. 4).
Mindestabnahmequoten müssen angemessen
sein, andernfalls sind sie unwirksam. Dies wird aus dem Rechtsgedanken des
Art. 1023 Ziff. 2 lit l) CC hergeleitet (Nichtigkeit von Vertragsklauseln beim
Abzahlungskauf, nach denen der Verkäufer vom Käufer exzessive Garantien
verlangt) (vgl. Fachler/Pacheco, aaO, S. 5).
5. Vertragsbeendigung
Die Bestimmungen des
Handelsgesetzbuchs sagen nichts über die Voraussetzungen und Folgen einer
Vertragsbeendigung. Die Beendigungsgründe sind in den Artt. 4 und 5 des
Gesetzes zum Schutz des Vertreters ausländischer Firmen enthalten.
Die einseitige Abänderung des
Vertrages, welche eine der Produktlinien berührt, die der Vertreter vertreibt,
berechtigt den Handelsvertreter zur Kündigung des Vertrages und zu
Schadensersatz (vgl. z.B. Tribunal Superior Segundo Civil, Sección Primera,
Entscheidung Nr. 200 vom 29.4.1981, 15:40 Uhr, zitiert bei Perez Vargas,
Contratos de distribución, representantes de casas extranjeras y
responsabilidad, S. 147). Dies ergibt sich aus Art. 4 f) Ley de Protección al
Representante de Casas Extranjeras.
Nach Vertragsbeendigung muß die
ausländische Firma die Waren vom Handelsvertreter zurückkaufen. Die
Rücknahmeverpflichtung ergibt sich aus Art. 3 Ley de Protección al
Representante de Casas Extranjeras und aus Art. 4 a der Verordnung Nr.
8599-MEIC und wurde auch schon von der Rechtsprechng bekräftigt (vgl. Tribunal
Superior Segundo Civil, Sección Primera, Entscheidung Nr. 590 vom 29.8.1984,
14:40 Uhr).
Die Verpflichtung zur Rücknahme
besteht unabhängig davon, ob die Aufhebung oder Auflösung des
Handelsvertretervertrages gerechtfertigt war oder nicht (Retana Barrantes,
Interpretación jurisprudencial de las normas de conflicto de derecho
internacional privado costarricense, S. 122).
Das Tribunal Superior Segundo Civil,
Sección Segunda, hat die Entscheidungen der Sala Primera Civil und des
Tribunal Superior Segundo Civil, die ausländische Firma müsse dem
Handelsvertreter sämtliche Waren zurückkaufen, dahingehend ergänzt, daß der
Handelsvertreter die Option habe, die Waren zu behalten (vgl. Tribunal
Superior Segundo Civil, Sección Primera, Entscheidung Nr. 908 vom 16.11.1984,
8:00 Uhr, siehe auch Lang, General Comments on the Costa Rican Law on the
Protection of Representatives of Foreign Companies, S. 3, und Pérez Vargas,
Contratos de distribución, representantes de casas extranjeras y
responsabilidad, S. 151).
Handelsvertreterverträge zwischen
Vertretern ausländischer Firmen und diesen Firmen unterliegen Art. 692 CC,
wonach die vertragstreue Partei im Falle der Nichterfüllung durch die andere
Partei Erfüllung oder Auflösung des Vertrages in Verbindung mit Schadensersatz
verlangen kann (sog. acción resolutoria).
6. Entschädigung
In allen Fällen, in denen die
ausländische Firma eine Vertragsverletzung begangen hat, ohne daß ein
Verschulden des Handelsvertreters vorgelegen hat (Kündigung des Vertrages ohne
wichtigen Grund), haben die costaricanischen Gerichte die ausländischen Firmen
zur Zahlung einer beträchtlichen Entschädigung verurteilt. Die Entschädigung
beläuft sich auf vier Bruttomonatsbezüge für jedes Jahr Vertragsdauer (Art. 2
Abs. 1 Ley de Protección al Representante de Casas Extranjeras). Für die
Berechnung des Ausgleichsanspruches dürfen aber nicht mehr als neun Jahre
Beschäftigungsdauer herangezogen werden (Art. 2 Abs. 1 Ley de Protección al
Representante de Casas Extranjeras).
Das ausländische Unternehmen muß über
die vom Handelsvertreter beanspruchte Entschädigungssumme eine Garantie
erbringen (näher zu dieser Verpflichtung siehe Tribunal Superior Segundo
Civil, Sección Segunda, Entscheidung Nr. 691 vom 10.12.1981, 15:20 Uhr).
Die im Falle der Verantwortlichkeit
der ausländischen Firmen zuzuerkennende Entschädigung soll einen angemessenen
Ausgleich für die unternommenen Anstrengungen bieten (Jiménez, Representación
de Casas Extranjeras, Iusititia, 1988, S. 18).
7. Ausschlußfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen
Die im Ley de Protección al
Representante de Casas Extranjeras niedergelegten Ansprüche können nach Ablauf
von zwei Jahren nach Eintritt des den Anspruch begründenden Ereignisses nicht
mehr geltend gemacht werden.
Aktualisiert:Januar 2003
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