Einführung in
das Recht des Internet
Von Rechtsanwältin Sonja
Ludwig, Berlin
Kanzlei Dr. Hök, Stieglmeier & Kollegen
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Die Zahl der "online-fähigen" Haushalte in
Deutschland steigt stetig an und auch immer mehr deutsche Unternehmen
wollen die Chance des Internets nutzen. Begleitet wird dieser
Vorwärtsdrang von rechtlichen Risiken und Unsicherheiten, denn gerade
das als "Cyberlaw" titulierte Rechtssystem weist keine gefestigte
Rechtsprechung auf und die Wissenschaft nimmt sich nur langsam dieses
Rechtsgebietes an. Dieser Beitrag soll überblickartig die Themen
aufzeigen, mit denen sich ein Unternehmen, welches zukünftig im Internet
präsent sein möchte, befassen muß. Dabei ist eine Fülle von rechtlicher
Materie zu beachten. Anwendbar sind zwar weiterhin das BGB, HGB und AGBG,
auch muß auch das Urheberrecht, Markenrecht, Wettbewerbs- oder
Steuerrecht hinzugezogen werden. Jedoch sind die Gesetzesnormen wie das
Informations- und Kommunikationsdienstgesetz (IuKdG), die
Multimedia-Richtlinie, World Copyright Treaty (WCT) oder der
Mediendienste-Staatsvertrag, welche infolge hektischer gesetzgeberischer
Tätigkeit entstanden sind, weitgehend unbekannt.
Wer im "world wide web" (www) vertreten sein möchte, benötigt eine
Identifikation (Adresse) unter der er im Internet zu finden ist. Diese
Adresse besteht aus einer Zahlenkombination, wird aber durch einen
Buchstabencode (URL=Uniform Resource Locater) ersetzt. Des weiteren wird
eine Software benötigt, um im "world wide web" zu navigieren (browser:
z.B. Netscape Navigator).
I. Die Domain
Einer Homepage wird eine eindeutige Zieladresse zugeordnet (IP-Adresse).
Das übliche Domainnamensystem unterscheidet mehrere hierarchisch
strukturierte Ebenen. So besteht z.B. die Adresse "http://www.dr-hoek.de"
aus der Protokollangabe (http://), der Netzangabe (www.), der Second
Level Domain (frei wählbar) und der Top Level Domain (.de, .com, .gov :
meist einem Länderkürzel). Um einen Domainnamen (Second Level Domain)
muß sich das Unternehmen, welches im Internet präsent sein möchte beim
Interessenverband Deutsches Network Information Center (IV-Denic:
Wiesenhüttenplatz 26, 60329 Frankfurt a.M., http://www.denic.de)
bemühen. Wird lediglich eine Subdomain angestrebt (www.subdomain.-name.de)
sind Verhandlungen mit dem entsprechenden Inhaber der Second Level
Domain von Nöten.
Die Internet-Adresse im Rahmen einer Second
Level Domain ist leichter zu merken und macht einen professionellen
Eindruck. Weiterhin ist sie vom jeweiligen Standort des Unternehmens
unabhängig und kann daher im Falle eines Umzuges mitgenommen werden.
Aufgrund des schnellen Anwachsens des Internets ist allerdings das
Risiko sehr groß, daß die jeweilige Domain bereits vergeben ist.
Weiterhin ist diese Art im Internet zu erscheinen mit sehr hohen Kosten
verbunden. Die Einrichtung unter einer Subdomain ist sehr viel
günstiger, kann jedoch bei einem Umzug nicht mitgenommen werden.
Problemtisch ist vor allem, daß die Anträge auf eine Internet-Adresse
nicht auf einen Warenzeichenverstoß hin überprüft werden, sondern die
einzige Kontrolle der Vergabestelle darin besteht, ob die beantragte
Adresse bereits vergeben wurde.
Gerade in diesem Bereich ist die Rechtsprechung
zum Schutz dieser Domains noch sehr uneinheitlich bzw.
höchstrichterliche Entscheidungen liegen überhaupt noch nicht vor. Es
gibt zwar eine Fülle von landgerichtlichen Entscheidungen, die
voneinander aber erheblich abweichen. Da das Internet international
strukturiert ist, müssen in einem jeden Rechtsstreit über Domains
zunächst das anwendbare materielle Recht sowie das international
zuständige Gericht festgestellt werden. Dabei ist anerkannt, daß eine
Domain nur dann markenrechtlichen und namensrechtlichen Schutz genießt,
wenn sie geeignet ist, Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von
einem anderen Unternehmen oder dessen Produkten zu unterscheiden,
wodurch deutlich wird, daß die private Nutzung eines Domain zumindest
nicht wettbewerbsrechtlichen und markenrechtlichen Schutz genießt.
Weiterhin ist auf die Problematik der "Domainhändler" hinzuweisen. Diese
Händler lassen sich als Domainnamen die Namen bekannter Unternehmen
sichern, um diese dann möglichst gewinnbringend zu verkaufen. Auch die
grenzüberschreitende Markenkollision stellt ein großes Konfliktfeld dar.
Schon bei der Auswahl der Domain sollte im
Hinblick auf mögliche Rechtsstreitigkeiten äußerste Sorgfalt ausgeübt
und juristische Feinheiten beachtet werden. Zu verweisen ist hierbei
insbesondere auf die Problematik der Gattungsbegriffe,
Kurzbezeichnungen, Abkürzungen und der Verwechslungsgefahr durch
Produktähnlichkeit.
Da ein Interessent nur durch eigene Initiative
und Suche die Homepage finden kann, ist es von entscheidender Bedeutung
für die Nutzbarkeit des Angebots auf der Homepage, daß der Domainname,
unter dem das Angebot abrufbar ist, potentiellen Interessenten bekannt
wird.
Zum einen können in den Meta-Tags der Website Einträge vorgenommen
werden, die auf den Inhalt der Homepage hinweisen. Meta-Tags sind
Schlagwörter, die im Kopf einer Website sichtbar oder unsichtbar
aufgeführt werden, damit Suchmaschinen ("Search-engines", d.h.
elektronische Sachverzeichnisse und Kataloge) beim Erkennen des
entsprechenden Schlagworts die Website in eine Datenbank aufnehmen und
dem Suchenden im Rahmen einer Hitliste anzeigen. Zum anderen ist die
Homepage für Interessenten dann besonders leicht aufzufinden, wenn der
Domainname in Suchverzeichnisse aufgenommen wird. Den im Internet
bestehenden Suchmaschinen werden dabei Stichworte mitgeteilt, unter
denen die Homepage des jeweiligen Anbieters als "Treffer" angezeigt
wird.
II. Providerverträge
Der Internet-Provider hat die Aufgabe, den PC des Kunden über die
Telefonleitung an das Internet anzuschließen. Zum einen gibt es die "Content-Provider",
welche über das Internet eigene Inhalte anbieten oder den Zugang zu
fremden Inhalten vermitteln, zum anderen gibt es die "Access-Provider",
welche mit Content-Providern Verträge schließen, um ihnen Speicherplätze
und Zugriffsmöglichkeiten für ihre Präsentation in Internet anzubieten
und Anwendern den Zugang zum Internet zu gewähren. Hierbei tritt der
Access-Provider nur als Vermittler auf, da er naturgemäß das Internet
nicht selbst bereitstellt, sondern nur Software anbietet, mittels deren
Hilfe sich der Anwender selbständig ins Internet "einloggen" kann.
Die Rechtsnatur dieser Verträge ist heftig umstritten
(Miet-/Pachtvertrag, Dienstvertrag oder Werkvertrag) und auch die
gegenseitigen geschuldeten Leistungspflichten, insbesondere die
Gewährleistung des Providers für Störung der Zugangsmöglichkeit, sind
nicht abschließend geklärt.
Da das internetwillige Unternehmen zunächst einen Vertrag mit einem
Access-Provider abschließen muß, um Speicherplätze für die eigene
Homepage zu erhalten, dann jedoch selber als Content-Provider gegenüber
sämtlichen Nutzern des Internets auftritt, wird nachfolgenden nur auf
die Problematik des Homepageerstellungsvertrages und des Electronic
Commerce eingegangen.
1. Homepageerstellungsvertrag
Ein Homepageerstellungsvertrag liegt dann vor, wenn ein Content-Provider
den Inhalt einer Website, welche er im Internet präsentieren möchte, von
einem Dritten bezieht bzw. anfertigen läßt. Die Erstellung der Homepage
selber unterliegt dem Werkvertragsrecht. Nach Erfüllung der vertraglich
vereinbarten Leistung werden dem Auftraggeber durch einen weiteren
Vertrag die an der Website selbst oder den einzelnen Inhalten der
Website bestehenden Nutzungsrechte als Ausfluß des Urheberrechts
übertragen. Es besteht auch die Möglichkeit eines Lizenzvertrages, wobei
dem Lizenznehmer die Verwertung oder die Nutzung des Rechts gestattet
wird, nicht jedoch aber das Recht selbst übertragen wird.
Hier stellt sich die Problematik um Urheberrechtsverletzungen. Eine
Urheberrechtsverletzung kann dabei in dem Maße vorgebeugt werden, daß
sichergestellt wird, daß sämtliche Nutzungsrechte (z.B Text,
Fotografien, Bilder, Sounds...) seitens des Homepageerstellers erworben
und dann dem Auftraggeber (Content-Provider) übertragen werden. Somit
kann schon im vornherein einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung wegen
Urheberrechtsverletzungen aus dem Weg gegangen werden.
2. Electronic Commerce
Der elektronische Handel (E-Commerce) gewinnt für die Unternehmen in
Deutschland eine immer größere Bedeutung. Gerade auch wegen der starren
Ladenschlußbestimungen im Einzelhandelsgeschäft bietet der E-Commerce
sämtliche Freiheiten wie z.B: Zeitersparnis, unkompliziertes Bestellen
und direkte Kontakte zum Hersteller. Zu unterscheiden sind hierbei zwei
Arten von Geschäften. Das Offline-Geschäft, bei dem lediglich der
Vertragsschluß "online" stattfindet, die Leistungserbringung aber in
herkömmlicher Weise erfolgt (z.B. durch Übersendung per Post), und das
Online-Geschäft, bei welchem nicht nur der Vertrag "online" geschlossen,
sondern auch die gesamte Leistungserbringung "über das Netz" vollzogen
wird. Dabei wird digitalisierte Ware verkauft bzw. verschickt (z.B.
Software und Musik). Die Unterscheidung der beiden Geschäftsarten hat
vor allen Dingen steuerrechtlich Bedeutung.
Vertragsschluß
Das Unternehmen im Internet tritt den Nutzern gegenüber als
Content-Provider auf. Ein Vertragsschluß kommt im Internet - wie im
täglichen Leben - durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen
zustände. Dabei ist heute schon unstreitig, daß Willenserklärungen per
e-mail oder per Mausklick als Erklärung eines menschlichen Willens
anerkannt sind. Umstritten ist, ob mit der Präsentation einer Leistung
durch das Unternehmen im Internet ein verbindliches Angebot vorliegt und
durch die Bestellung durch einen Benutzer eine Leistungspflicht
begründet wird. Dieses Problem stellte sich jedoch auch bei realen
Warenhäusern und ist daher mit den gleichen Argumenten zu beantworten.
Zu bemerken ist in jedem Fall, daß der Widerruf einer elektronischen
Mail praktisch ausgeschlossen ist. Dies ist auf die hohe
Übetragungsgeschwindigkeit von Erklärungen und der zum Teil sofortigen
Bearbeitung von Online-Bestellungen zurückzuführen.
Allgemeine Geschäftsbedingungen
Neben der Problematik über die Anfechtung elektronischer
Willenserklärung stellt sich für Unternehmen insbesondere die Frage über
die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Außerhalb des
Internetrechts werden die AGB des Verwenders nur dann Bestandteil des
Vertrages, wenn der Verwender seinem Vertragspartner vor oder bei
Vertragsschluß in zumutbarer Weise die Möglichkeit zur Kenntnisnahme
einräumt und ausdrücklich auf sie hinweist. Dieser Grundsatz gilt auch
im world wide web. Dabei genügt die Erwähnung der AGB im Hauptmenü auf
der Homepage des Anbieters nicht. Ein Einbeziehen der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen wird u.a. dadurch erreicht, daß ein Kunde um an das
Icon für "Absenden" zu gelangen, die gesamte Bildlaufleiste mit den AGB
durchscrollt. In der juristischen Literatur wird die zumutbare
Möglichkeit der Kenntnisnahme bereits dann bejaht, wenn AGB durch einen
Hyperlink ohne weitere Zwischenschritte angeklickt werden können. Wegen
der Flüchtigkeit der Darstellung der AGB und ihrer schlechten Lesbarkeit
am Bildschirm wird aber andererseits gefordert, daß die AGB im Internet
nur aus wenigen Sätzen bestehen dürfen. Dem Verwender ist deshalb zu
empfehlen, seine Website so zu gestalten, daß die AGB vor der
Möglichkeit des Anwenders, per Mausklick oder Adressenangabe online sein
Einverständnis mit dem Vertrag auszudrücken, zwingend eingeblendet
werden.
Haustürgeschäftewiderrufgesetz und
Verbraucherkreditgesetz
Zwar ist die Anwendung des Haustürgeschäftewiderrufsgesetz im Internet
noch umstritten, es ist aber davon auszugehen, daß die Vertreter, die
das HWiG über § 5 (Umgehungsverbot) anwenden, sich nicht durchsetzen
werden. Das Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG) gilt zwar prinzipiell für
Geschäfte im Internet, jedoch findet das Gesetz nur Anwendung, wenn die
Schriftform durch eigenhändige Unterschrift beider Parteien gewahrt
wurde. Des weiteren erfolgt regelmäßig nicht eine gesondert zu
unterschreibende Widerrufsrechtbelehrung, wodurch die Möglichkeit des
Widerrufs bis zu einem Jahr für den Kunden nach Abgabe der
Willenserklärung verbleibt.
Problematik der Schriftform, insbesondere des
Beweises
Es ist allgemein anerkannt, daß die elektronisch übermittelte Erklärung
nicht dem Schriftformerfordernis genügt, was somit eine nicht
unbedeutende Behinderung des elektronischen Handelns darstellt. Digitale
Dokumente sind daher von der Würdigung des jeweiligen Richters im Prozeß
abhängig. Andererseits wird im Rechtsverkehr teilweise eine
Beweisvereinbarung im Rahmen der AGB getroffen. Es ist jedoch darauf
hinzuweisen, daß nicht unberechtigte Zweifel bestehen, ob solche
Klauseln dem AGB-Gesetz genügen.
III. Steuerrecht und Internet
Für das Internet werden in den nächsten Jahren gewaltige Umsätze aus dem
elektronischen Handel prognostiziert. Die Besteuerung des Handels im
Internet gestaltet sich äußerst schwierig, weshalb der Fiskus bis zum
jetzigen Zeitpunkt noch Zurückhaltung hat walten lassen. Es besteht
andererseits weitgehend Einigkeit, daß sowohl im Bereich der
Ertragssteuer als auch der Umsatzsteuer der elektronische Handel
materiell-rechtlich den bisher bestehenden Regelungen unterworfen werden
soll und allenfalls an einigen Stellen Modifizierung der bisherigen
Regelungen vorgenommen werden müssen.
Steuerrechtlich problematisch sind lediglich Online-Geschäfte, denn
Offline-Geschäfte stellen lediglich eine moderne Form des Versandhandels
dar.
IV. Wettbewerbsrecht und e-mail-Werbung
Soweit zwischen verschiedenen Unternehmen, die im Internet mit eigener
Homepage vertreten sind, ein Wettbewerbsverhältnis besteht und sich die
Internet-Präsentation auch an den deutschen Verbraucher wendet, findet
das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Anwendung. Weiterhin
ist anerkannt, daß unverlangte e-mail-Werbung unzulässig ist, soweit sie
nicht als Werbung gekennzeichnet ist. Somit setzt sich auch im Internet
der allgemeine Grundsatz durch, daß eine unverlangte
Kommunikationsaufnahme prinzipiell wettbewerbswidrig ist.
V. Hyperlinks
Hyperlinks stellen Verbindungen zu anderen Homepages her. Für die
unbegrenzte Benutzung von Hyperlinks wird angeführt, daß der jeweilige
Markeninhaber durch eine Plazierung seiner Homepage im Internet der
Nutzung seine Marke in Form von der Hyperlinks zugestimmt habe.
Andererseits darf der Hyperlink nicht so auf der fremden Homepage des
Anwenders plaziert werden, daß dieser kennzeichnend für die gesamte
Website wirkt. Wie im gesamten Internetrecht ist auch hier noch keine
gefestigte Rechtsprechung erkennbar.
Rechtsanwälte Dr. Hök, Stieglmeier & Kollegen
Ansprechpartnerin: Rechtsanwältin Sonja Ludwig
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