Risiken bei der Vermarktung von Wohnraum
Rechtsanwalt
Dr. Götz-Sebastian Hök, Berlin
Lehrbeauftragter an der FHTW, Berlin
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I. Einleitung
II. Schutzzweck
III. Werbung für Mietwohnungen
1. Ausgangspunkt
2. Praktische Beispiele
IV. Abmahnung und Einstweilige Verfügung
I. Einleitung
Wer im geschäftlichen Verkehr zu
Zwecken des Wettbewerbes Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten
verstoßen, kann auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen
werden, § 1 UWG. Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über
geschäftliche Verhältnisse, insbesondere über die Beschaffenheit, den
Ursprung, die Herstellungsart oder die Preisbemessung einzelner Waren oder
gewerblicher Leistungen oder des gesamten Angebots, über Preislisten, über die
Art des Bezugs oder die Bezugsquelle von Waren, über den Besitz von
Auszeichnungen, über den Anlaß oder den Zweck des Verkaufs oder über die Menge
der Vorräte irreführende Angaben macht, kann auf Unterlassung der Angaben in
Anspruch genommen werden, § 3 UWG. Beide Tatbestände sind auch bei der
Vermarktung von Immobilien zu beachten. Insbesondere sind deshalb Verstöße
gegen die Preisangabenverordnung zu vermeiden.
II. Schutzzweck
Das Wettbewerbsrecht schützt nicht nur
den Wettbewerber sondern auch den Verbraucher. Die Rechtsprechung betont
zunehmend die soziale Komponente des UWG-Rechts (vgl. Baumbach/Hefermehl, UWG,
Einl. UWG Rn. 42 m.w.N.) und kann sich insoweit auf die EG-Richtlinie über
irreführende Werbung v. 10.09.1984 (84/450/EWG) berufen (vgl. GRUR Int. 1984,
S. 688 ff.). Schon in der Entscheidung GRUR 1936, 810, 812 - Diamantine -
hatte das Reichsgericht den gleichen Standpunkt vertreten, indem es dort
darauf hingewiesen hatte, daß immer in Betracht zu ziehen sei, ob eine
Werbemaßnahme auch den Belangen der Allgemeinheit entspreche. Auch die
Lockenwickler-Entscheidung (RGZ 160, S. 385, 388) hebt diesen Gesichtspunkt
hervor. Der BGH hat in seinem Urteil vom 8. Juli 1955 (GRUR 1955, S. 541, 542
- Bestattungswerbung -) ausgesprochen, daß durch § 1 UWG nicht nur die
Mitbewerber vor einem unlauteren Wettbewerb zu schützen seien, sondern auch
die Allgemeinheit vor Wettbewerbsauswüchsen bewahrt bleiben müsse. Das
Wettbewerbsrecht ist, so ist dort gesagt, nach seiner Zielsetzung dazu
bestimmt, auch die Belange des Volkes im ganzen zu schützen. Auch in dem
Urteil vom 3. Dezember 1954 (BGHZ 15, S. 356 - Progressive Kundenwerbung -)
ist darauf hingewiesen, daß eine Wettbewerbshandlung niemals zu einer
untragbaren allgemeinen Beunruhigung des wirtschaftlichen Lebens führen dürfe.
Diese Rechtsprechung rechtfertigt sich aus dem Zweck des Gesetzes gegen den
unlauteren Wettbewerb, das es nicht nur darauf abstellt, den redlichen
Wettbewerber zu schützen, sondern im öffentlichen Interesse den Auswüchsen im
Wettbewerb überhaupt zu steuern (vgl. RG GRUR 1936, 810, 812 und die dort
zitierten Entscheidungen). Eine Werbemaßnahme kann zwar nicht allein deshalb
als wettbewerbswidrig angesehen werden, weil ihre Anwendung zu einer Sättigung
des Marktes und zur Verdrängung der Mitbewerber vom Markt führt. Das schließt
jedoch nicht aus, bei einer Werbemaßnahme, die nach dem Werturteil der
Allgemeinheit bei einer Anwendung in Einzelfällen wegen der geringfügigen
Auswirkung vielleicht noch hingenommen und deshalb nicht als wettbewerbswidrig
erachtet würde, im Rahmen der nach § 1 UWG immer gebotenen Gesamtwürdigung zu
berücksichtigen, daß die Werbemaßnahme die ernstliche Gefahr einer erheblichen
Schädigung der Interessen der Allgemeinheit oder einer erheblichen Behinderung
der Mitbewerber begründet, falls damit zu rechnen ist, daß sie Nachahmer
findet (BGHZ 43, S. 278, 282).
III. Werbung für Mietwohnungen
Die Werbung mit den Angaben zu
Mietpreisen kann gegen §§ 1, 3 UWG i.V.m. § 1 PreisAngVO verstoßen. Im
Vordergrund steht die Preisklarheit, die insbesondere den Verbraucher schützt.
Zwar sind Verstöße gegen die PreisAngVO nicht zwangsläufig wettbewerbswidrig,
denn die Regelungen der PreisAngVO sind wettbewerbsneutral (BGHZ 108, S. 39,
44; Baumbach/Hefermehl, UWG, § 3 Anh. 5, Übersicht Rn. 17). Wer sich aber
bewußt und planmäßig über Vorschriften der PreisAngVO hinwegsetzt, um sich
einen Vorsprung im Wettbewerb zu verschaffen, verstößt gegen § 1 UWG (st.
Rspr. BGHZ 108, S. 39, 44; BGH GRUR 1973, S. 655; BGH GRUR 1983, S. 665, 666;
BGH GRUR 1988, S. 699, 700- qm-Preisangaben II). Voraussetzung ist aber, daß
der Wettbewerber nicht nur aus bloßer Unachtsamkeit von der korrekten
Preisangabe des effektiven Jahreszinses abgesehen hat, sondern deshalb, weil
er meint, in der beanstandeten Weise auch zukünftig werben zu können (BGHZ
108, S. 39, 44).
1. Ausgangspunkt
Die Rechtsprechung verlangt, daß nach
§ 1 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 PAngV der Endpreis bei der Bewerbung von Waren
angegeben wird, wozu auch Immobilien und Wohnungen gehören, sofern diese
Bewerbung bereits als Angebot aufzufassen ist. Von einem Angebot kann aber
nicht ausgegangen werden, wenn die zu den WOHNUNGEN gemachten Angaben zu
rudimentär sind, als das sie einem Kaufinteressenten schon ein hinreichend
konkretes Bild von der zu erwerbenden WOHNUNG bieten würden (OLG Hamm OLGR
Hamm 1994, 222-223). Der Abschluß des Geschäfts muß nach der
Verkehrsauffassung aus der Sicht des Kunden ohne weiteres möglich sein (BGH
GRUR 1982, 493, 494; OLG Hamm BB 1987, 1839-1840). Dies ist dann nicht der
Fall, wenn es zum Vertragsabschluß noch ergänzender Angaben bedarf (OLG Hamm
BB 1987, 1839-1840). Für einen Mietvertragsabschluß sind die genaue
Bezeichnung des Objekts und Angaben über seine Größe zwingend (BGH GRUR 1982,
493, 494; Köhler/Piper, UWG, § 1 PangV Rn. 12).
2. Praktische Beispiele
1. Wird in der Zeitungswerbung für
EIGENTUMSWOHNUNGEN mit der Aussage geworben:"2-,3- und 4-ZIMMER-WOHNUNGEN ab
37 qm, ab 98.900 DM, schlüsselfertig", ist diese Werbung weder nach den
Vorschriften der PAngV zu beanstanden, noch ist sie irreführend im Sinne des §
3 UWG (OLG Hamm OLGR Hamm 1994, 222-223).
2. Der in der alleinigen Angabe eines
Quadratmeterpreises für eine EIGENTUMSWOHNUNG liegende Verstoß gegen § 1 Abs.
1 PAngV, § 1 UWG ist nicht geeignet, den Wettbewerb auf dem
Wohnimmobilienmarkt wesentlich zu beeinträchtigen (OLG München vom 24.11.1997,
Az: 29 W 3055/97).
3. Wirbt ein Makler für "einige"
EIGENTUMSWOHNUNGEN in einem "Wohnpark Ludwigstraße/Neubau", so handelt es sich
schon deshalb nicht um ein "Anbieten" im Sinne von § 1 Abs. 1 Alt. 1 der
Preisangabenverordnung, weil für den Erwerb einer EIGENTUMSWOHNUNG das Geschoß
(Erdgeschoß, 1. Obergeschoß etc.) entscheidend ist (OLG Hamm vom 07.06.1994,
Az: 4 U 18/94).
4. Eine Zeitungsanzeige, die einzig
und allein den Quadratmeterpreis für mehrere nicht konkret und mit
qualifizierenden Einzelangaben beworbene MIETWOHNUNGEN angibt und somit
Rückschlüsse auf den Endpreis nicht zuläßt, löst keine Verpflichtung zur
Angabe des Endpreises aus (OLG Hamm BB 1987, 1839-1840).
IV. Abmahnung und Einstweilige
Verfügung
Wer im Wettbewerb bewußt und planmäßig
gegen die Vorschriften der PreisangabenVO verstößt, kann von Wettbewerbern
abgemahnt werden. Die Abmahnung richtet sich darauf, zukünftige Verstöße zu
verhindern. Mit der Abmahnung kann der Wettbewerber ggf. die Erstattung seiner
Kosten der Rechtsverfolgung, den Abschluß einer Unterlassungsvereinbarung
sowie die Vereinbarung einer (angemessenen) Vertragsstrafe verlangen.
Unterwirft sich der Betroffene nicht diesem Diktat, läuft er Gefahr im Rahmen
eines Verfahrens auf Erlaß einer Einstweiligen Verfügung in Anspruch genommen
zu werden. Liegt der angebliche Wettbewerbsverstoß vor, muß das angerufene
Gericht eine entsprechende einstweilige Verfügung erlassen, die es dem
Adressaten untersagt, zukünftig gleiche oder ähnliche Wettbewerbshandlungen
vorzunehmen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Adressat, wenn er verurteilt
wird.
V. Internet
Das Internet ist kein rechtsfreier
Raum. Auch wer im Internet wettbewerbswidrig handelt, kann ggf. auf
Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden.
1. Eine
Online-Rubrikenanzeigen-Datenbank, deren Zugriff über das INTERNET eröffnet
ist und die sich aus dem Rubrikanzeigenteil einer Tageszeitung speist, stellt
eine Datenbank im Sinne von § 87a Abs 1 S. 1 UrhG dar (LG Köln CR 1999,
594-595). Das wiederholte und systematische Abgreifen einer
Online-Rubrikenanzeigen-Datenbank durch einen INTERNETSUCHDIENST stellt eine
Ausbeutung eines fremden Leistungsergebnisses und einen Verstoß gegen § 87b
UrhG dar (LG Köln CR 1999, 594-595). Die Weiterverwertung des Immobilienteiles
einer Tageszeitung ist damit untersagt.
2. Wettbewerbswidrige Inhalte einer
Homepage können unterbunden werden.
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