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Das Gesetz über die Bauabzugssteuer

 von Rechtsanwalt Dr. Götz-Sebastian Hök

  * * *

Der Gesetzgeber hat Ende Juni 2001 das Gesetz über die Bauabzugssteuer verabschiedet. Es ist bereits in Kraft getreten, wird aber erst ab dem 1. Januar 2002 angewendet (BGBl 2001 I, 2267). Der Sinne des Gesetzes soll darin liegen, die Schwarzarbeit zu bekämpfen; ob das gelingt, erscheint mehr als zweifelhaft. Die Folgen des Gesetzes werden darin bestehen, dass den Bauunternehmern auf gewisse Zeit 15 % ihrer Liquidität genommen wird. Zudem wird der Verwaltungsaufwand bei gewerblichen Vermietern steigen.

1. Das Gesetz sieht vor, dass Unternehmer und Körperschaften des öffentlichen Rechts, die Bauleistungen in Anspruch nehmen, ab dem 1. Januar 2002 einen Betrag von 15 % der Bruttoschlußrechnungssumme einbehalten und an den Fiskus abführen müssen. Die Mißachtung der Abführungspflicht kann mit bis zu 25.000 Euro Bußgeld bestraft werden. Der Bauherr haftet für die Abführung der Bauabzugssteuer.

2. Erfasst werden alle inländischen und ausländischen Bauunternehmen, die auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Bauleistungen erbringen. Persönlich betroffen sind alle Unternehmer und die Körperschaften des öffentlichen Rechts. Der Unternehmerbegriff wird weit ausgelegt. Unternehmer ist letztlich jeder, der eine Immobilie nicht lediglich zu privaten Zwecken nutzt, also im Ergebnis jeder Vermieter. Auch der Begriff der Bauleistung wird weit verstanden, so dass letztlich alle Leistungen im Sinne der §§ 1 und 2 BaubetriebeVO von der Parkettlegearbeit bis hin zur Fassadenreinigung erfasst werden sollen.

3. Die Bauabzugssteuer muss nur dann nicht einbehalten und abgeführt werden, wenn der Bauunternehmer eine gültige Freistellungsbescheinigung vorlegt, die er bei seinem zuständigen Finanzamt beantragen muss. Ausgenommen sind ferner Bagatellaufträge bis zu einem Wert von 5.000,-- Euro im Kalenderjahr sowie Leistungen für private Vermieter bis zu einer Wertgrenze von 15.000,-- Euro.

4. Der Fiskus verrechnet die Bauabzugssteuer auf die Steuerschuld des Bauunternehmers. Mithin gehen dem Unternehmer ab dem 1. Januar 2002 jeweils 15 % seiner Einnahmen zunächst verloren, bis sie auf die Steuerschuld verrechnet werden.

5. Das Gesetz findet auf alle Vorgänge Anwendung, die am 1. Januar 2002 noch nicht vollständig abgewickelt sind. Restwerklohnansprüche aus den Vorjahren, auch solche die streitig beigetrieben werden müssen, unterfallen den neuen gesetzlichen Vorschriften. Dies wird sich wohl auch auf die Praxis der Zivilgerichte auswirken müssen, denn es kann nicht sein, dass der Bauherr nach dem 1. Januar 2002 noch zur Zahlung der vollen Werklohnes verurteilt wird, denn schließlich haftet er ggf. dem Fiskus für 15 % der noch zu zahlenden Restsumme. Zum Sachvortrag in Bauprozessen wird daher zukünftig auch die Behauptung gehören müssen, es liege eine Freistellungbescheinigung vor oder es handele sich um einen Bagatellfall im Sinne der neuen gesetzlichen Regelung. Anderenfalls wird das Gericht Zahlungsanträge in Höhe von 15 % abweisen müssen. Denkbar wäre es, insoweit einen Feststellungsantrag zu stellen oder auf Leistung an das Finanzamt zu klagen. Doch wird man insoweit beachten müssen, dass dafür eigentlich kein Rechtsschutzinteresse besteht, weil sich die Steuerschuld aus dem Gesetz ergibt und sie den Bauherrn trifft.

Die Steuer ist bis zum 10. Tag nach Ablauf des Monats zu deklarieren, in dem der Auftraggeber an den Auftragnehmer gezahlt hat. Die Steuer ist am 10. Tag nach Ablauf des Anmeldezeitraumes fällig und an das für den Leistenden zuständige Finanzamt für Rechnung des Leistenden abzuführen. § 48 a I EStG knüpft die Erklärungspflicht daran, dass die Leistung (also die Zahlung) erbracht wurde. Bestrittene Ansprüche unterliegen deshalb zunächst nicht der Besteuerung. Die Frage muss aber erlaubt sein, ob zukünftig noch problemlos mit Gegenforderungen aufgerechnet werden kann. Die Aufrechnung ist u.E. Leistung im Sinne des Gesetzes. Mithin dürfte der Auftraggeber nurmehr in Höhe des frei auszahlbare Zahlungsbetrages aufrechnen. Die Steuer wäre an den Fiskus abzuführen.

Weitere Fragen werfen sich auf. Was ist mit der Inanspruchnahme von Erfüllungsbürgschaften und wie wird in der Zwangsvollstreckung zu Verfahren sein. § 48 EStG n.F. richtet sich an den Leistungsempfänger, also den Auftraggeber von Bauleistungen. Die bürgende Bank oder der Kreditversicherer sind nicht Leistungsempfänger, erbringen ggf. aber die Gegenleistung für Rechnung des eigentlichen Auftraggebers. Ließe das Gesetz diesen Fall ungeregelt, dürfte wohl Tür und Tor offen stehen, das Gesetz zu umgehen. Bereits titulierte Werklohnansprüche unterfallen ebenfalls dem Wortlaut des Gesetzes. Unklar ist, ob nun etwa der Gerichtsvollzieher verpflichtet ist, 15 % des Vollstreckungserlöses an den Fiskus abzuführen.

Geklärt ist durch die amtliche Erläuterung, dass sich die Bauabzugssteuer nicht auf Architekten- und Ingenieurleistungen bezieht, es sei denn es handelt sich um Nebenleistungen zu Bauleistungen. Auch wird klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob ein Unternehmen die abgerechneten Leistungen selbst ausführt oder durch Dritte ausführen lässt. Wie sich zukünftig die Besteuerung von Bauträgergeschäften darstellt, bei denen nicht deutlich zwischen Grundstücksanteil und Bauleistung unterschieden werden kann, muss zunächst offen bleiben. Alles weist darauf hin, dass das Gesamtvolumen besteuert wird.

Schließlich stellt sich die Frage danach, auf welche Weise der Bauherr gegen den Unternehmer Rückgriff nehmen kann, wenn er fälschlich an den Unternehmer die volle Summe bezahlt hat und anschließend den Fiskus befriedigen mußte. Der Unternehmer kann einwenden, er sei zu Recht in voller Höhe befriedigt worden. In § 48 a I EStG heißt es, dass der Bauherr die Zahlung an das Finanzamt für Rechnung des Leistenden (also des Unternehmers) erbringt. Hat der Unternehmer keine Steuerschulden und wird er auch keine Steuerschulden mehr haben, dann ist der Fiskus bereichert. Er wird den überzahlten Betrag an den Unternehmer abführen müssen. Mithin ist der Unternehmer um den Abzugsbetrag bereichert und müsste ihn ggf. an den Bauherrn erstatten. Wird der Abzugsbetrag auf Steuerschulden verrechnet, dann ist der Unternehmer ebenfalls bereichert, nämlich um den ersparten Aufwand für Steuerzahlungen.

Das Problem liegt in der Dreiecksbeziehung, denn grundsätzlich kann nur im Leistungsverhältnis kondiziert werden (§§ 812 ff. BGB). Da der Bauherr dem Fiskus für den Abzugsbetrag direkt haftet, besteht ein Rechtsgrund für die Zahlung an den Fiskus. In diesem Verhältnis kann nicht kondiziert werden. Im Ergebnis wird man deshalb darauf abstellen müssen, dass § 48 EStG n.F. den Anspruch auf Werklohn um den Abzugsbetrag verkürzt, auch weil damit zugleich Vollstreckungsprobleme gelöst würden. Dann könnte der Bauherr die Überzahlung bei dem Unternehmer kondizieren. Dagegen spricht allerdings, dass der Einbehalt für Rechnung des Leistenden erfolgt und lediglich eine Verpflichtung beinhaltet, deren Verletzung allerdings sanktioniert wird. Der Bauherr erfüllt im Ergebnis den Werklohnanspruch durch Zahlung an das Finanzamt. Erst dann ist er endgültig befreit. Befreit er sich durch Zahlung an den Unternehmer, haftet er gegenüber dem Finanzamt fort (§ 48 a III 1 EStG). Vielleicht ist deshalb der beste Weg, dem Problem der Doppelzahlung Herr zu werden, die Annahme, dass mit der Zahlung der Zweck verfolgt wird, die Werklohnforderung und zugleich die Haftung aus § 48 a III 1 EStG zu erledigen. Dies kann nur durch Zahlung an das Finanzamt geschehen, so dass die Kondiktion über die Zweckverfehlungslehre erfolgen könnte.

6. Was empfiehlt sich nun angesichts dieses Gesetzeswerkes für die Zukunft? Der Unternehmer wird seine Preiskalkulation überdenken müssen, denn er muss zukünftig auf einen Teil seiner Liquidität verzichten. Der Bauherr wird Sachverstand bündeln und seinen Verwaltungsaufwand erhöhen müssen. Ihm allein obliegt die Nachprüfung eventuell vorgelegter Freistellungsbescheinigungen und die Beachtung der Bagatellgrenzen.

Laufende Bauvorhaben sollten möglichst vor Jahresbeginn vollständig abgerechnet und bezahlt werden, um einen möglichst kleinen Überhang an Problemfällen in das Jahr 2002 mitzunehmen. Laufende Zivilstreitigkeiten müssen auf die Konsequenzen der Gesetzgebung abgestellt werden. Bei der Zwangsvollstreckung aus Alttiteln dürfte Zurückhaltung angebracht sein, denn theoretisch stehen 15 vom Hundert des Vollstreckungsbetrages dem Fiskus zu.
 

Aktualisiert:Oktober 2001

 


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