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Juristisches Internet Journal
Herausgeber: Dr.Hök/Prehm
Euro-Flag 14. Jahrgang Berlin September 2023

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Die Europäische Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV)
Anmeldungsprozedur und –voraussetzungen in Deutschland

von Rechtsanwalt Dr. Götz-Sebastian Hök, Berlin

* * *

Mit der Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 des Rates vom 25. Juli 1985 wurde der rechtliche Rahmen für die Europäischen wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) geschaffen. Eine harmonische Entwicklung des Wirtschaftslebens sowie ein beständiges und ausgewogenes Wirtschaftswachstum in der gesamten Gemeinschaft hängen nach Ansicht des Rates von der Errichtung und dem Funktionieren eines Gemeinsamen Marktes ab, der ähnliche Bedingungen wie ein nationaler Binnenmarkt bietet. Für die Verwirklichung eines solchen einheitlichen Marktes und die Stärkung seiner Einheit empfahl es sich aus europäischer Sicht, für natürliche Personen, Gesellschaften und andere juristische Einheiten einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, welcher die Anpassung ihrer Tätigkeit an die wirtschaftlichen Gegebenheiten der Gemeinschaft erleichtert. Hierzu war es erforderlich, daß diese Personen, Gesellschaften und anderen juristischen Einheiten über die Grenzen hinweg zusammenarbeiten können. Da eine solche Zusammenarbeit auf rechtliche, steuerrechtliche und psychologische Schwierigkeiten stoßen kann, sollte ein Instrument zur Verfügung gestellt werden, daß die Zusammenarbeit im Binnenmarkt vereinfacht. Mit der Schaffung eines geeigneten Rechtsinstruments auf Gemeinschaftsebene in Form einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung wollte der Rat die genannten Ziele erreichen. 

Zur Förderung der Nutzung der EWIV hat die Kommission der EU die Initiative "REGIE - Europäisches Netz der EWIV,' ins Leben gerufen. Mit diesem Projekt sollen den Unternehmen, die ihre Tätigkeit durch Zusammenarbeit mit anderen Partnern in der Europäischen Union ausbauen wollen, praktische, direkt umsetzbare Informationen zur Verfügung gestellt werden. Im internationalen Vergleich sei allerdings -wie die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 1834/J betreffend Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigungen ( EWIV ) im österreichischen Bundestag hervorhebt- zu erkennen, daß diese Gestaltungsform zwar ein taugliches Instrument für spezielle Fälle von gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlüssen von Unternehmen zwecks gemeinsamer grenzüberschreitender wirtschaftlicher Tätigkeit sei, jedoch gerade für kleine und mittlere Unternehmen wenig Bedeutung habe. Aus deutscher Sicht stellt sie aber eine durchaus interessante Kooperationsform dar. 

Die EWIV muß als europäisches Rechtsinstitut angesehen werden, wobei die Merkmale einer bloßen Zusammenarbeitsvereinbarung mit denen einer Personengesellschaft verbunden wurden. Die EWIV ist Einheitsrecht und damit in allen EU-Mitgliedsstaaten einheitliches Gesellschaftsrecht. Mögliche Partner müssen sich nicht mit der schwierigen Entscheidung auseinandersetzen, welches nationale Rechtssystem den Hintergrund für ihre Partnerschaft abgeben soll, da der rechtliche Rahmen in etwa gleich bleibt, unabhängig davon, wo die EWIV gegründet wird. Nur für eine begrenzte Anzahl von Punkten, wie das Unternehmensregister, verweist die Verordnung ausdrücklich auf das nationale Recht der Mitgliedsstaaten. Ein faktischer Vorteil der EWIV liegt darin, daß die Partner ihre wirtschaftliche und rechtliche Unabhängigkeit behalten, jedoch gleichzeitig für die Zusammenarbeit Rechtsfähigkeit erlangen. Ein weiterer Vorteil der EWIV sind ihre einfachen Gründungsvoraussetzungen. Die Mitgliedern sind in der Gestaltung ihrer Beziehungen weitgehend frei. Es muß lediglich ein schriftlicher Vertrag aufgesetzt und die Vereinigung bei der Registerbehörde eines Mitgliedstaates eingetragen werden. Zuständig ist die Behörde am vertraglich vereinbarten Sitz. Die notarielle Beurkundung des Vertrages ist entbehrlich. Um die EWIV umfassend einsetzen zu können, wurde auf Gründungskapital verzichtet. Die flexible Finanzierung ist von großer Bedeutung für kleine und mittleren Unternehmen, da es kaum wahrscheinlich ist, daß ihnen viel Kapital zur Finanzierung der Zusammenarbeit zur Verfügung steht. In der Praxis werden Geldmittel häufig dadurch beschafft, daß die EWIV regelmäßig Beiträge von den Mitgliedern erhalten und sich erwiesene Dienste entgelten lassen. Es ist zum Beispiel auch möglich, durch Geld, Naturalien oder Wissen ( Know-how ) zur Finanzierung beizutragen . Ein weiterer Vorteil ist, daß die Mitglieder die Vereinigung jederzeit beenden und auflösen können. 

Die geschilderten praktischen Vorteile der EWIV bei der Auslandsmarkterschließung rücken immer stärker in der Vordergrund. Es soll daher nachstehend kurz das Gründungszenario in Deutschland dargestellt werden, zumal am 1. Januar 1999 geringfügige Änderungen der Anmeldeprozedur in Kraft treten (BGBl 1998 I, S. 1474). 
Soweit nicht die Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 des Rates vom 25. Juli 1985 über die Schaffung einer Europäischen wirtschaftlichen INTERESSENVEREINIGUNG (EWIV) - ABl. EG Nr. L 199 S. 1 - (Verordnung) durchgreift, sind auf eine Europäische wirtschaftliche INTERESSENVEREINIGUNG (EWIV) mit Sitz in Deutschland die Vorschriften des EWIVAG in der Fassung vom 14. April 1988, im übrigen entsprechend die für eine offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften anzuwenden; die Vereinigung gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs. 

Die Vereinigung ist gemäß § 2 EWIVAG bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren im Gründungsvertrag genannten Sitz hat, zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Anmeldung zur Eintragung der Vereinigung in das Handelsregister hat zu enthalten: 
1. die Firma der Vereinigung mit den voran- oder nachgestellten Worten "Europäische wirtschaftliche INTERESSENVEREINIGUNG" oder der Abkürzung "EWIV", es sei denn, daß diese Worte oder die Abkürzung bereits in der Firma enthalten sind; 
2. den Sitz der Vereinigung; 
3. den Unternehmensgegenstand; 
4. den Namen, die Firma, die Rechtsform, den Wohnsitz oder den Sitz sowie gegebenenfalls die Nummer und den Ort der Registereintragung eines jeden Mitglieds der Vereinigung; ab dem 1. Januar 1999: den Namen, das Geburtsdatum, die Firma, die Rechtsform, den Wohnsitz oder den Sitz sowie gegebenenfalls die Nummer und den Ort der Registereintragung eines jeden Mitglieds der Vereinigung; 
5. die Geschäftsführer mit Namen, Beruf und Wohnsitz sowie mit der Angabe, welche Vertretungsbefugnis sie haben; ab dem 1. Januar 1999: die Geschäftsführer mit Namen, Geburtsdatum und Wohnsitz sowie mit der Angabe, welche Vertretungsbefugnis sie haben; 
6. die Dauer der Vereinigung, sofern die Dauer nicht unbestimmt ist. 
 

Zur Eintragung in das Handelsregister sind nach § 2 Abs. 3 EWIVAG ferner anzumelden: 

1. Änderungen der Angaben nach Absatz 2; 
2. die Nichtigkeit der Vereinigung; 
3. die Errichtung und die Aufhebung jeder Zweigniederlassung der Vereinigung; 
4. die Auflösung der Vereinigung; 
5. die Abwickler mit den in Absatz 2 Nr. 5 genannten Angaben sowie Änderungen 
der Personen der Abwickler und der Angaben; 
6. der Schluß der Abwicklung der Vereinigung; 
7. eine Klausel, die ein neues Mitglied gemäß Artikel 26 Abs. 2 der Verordnung von der Haftung für Verbindlichkeiten befreit, die vor seinem Beitritt entstanden sind. 

Die Verpflichtung zur Anmeldung weiterer Tatsachen auf Grund des § 1 EWIVAG bleibt unberührt. 

Gemäß § 3 Abs. 2 der Handelsregisterverfügung (HdlRegVfg) werden in die Abteilung A des Handelsregisters die Einzelkaufleute, die in den § 33 des Handelsgesetzbuchs bezeichneten juristischen Personen sowie die offenen Handelsgesellschaften, die Kommanditgesellschaften und die Europäischen wirtschaftlichen INTERESSENVEREINIGUNGEN eingetragen. Gemäß § 40 Abs. 2 und Abs. 3 HdlRegVfg sind in Spalte 2 sind unter a die Firma, unter b der Ort der Niederlassung oder der Sitz der Gesellschaft, unter c bei Europäischen wirtschaftlichen INTERESSENVEREINIGUNGEN und bei juristischen Personen auch der Gegenstand des Unternehmens und die sich darauf beziehenden Änderungen einzutragen. In dieser Spalte ist auch die Errichtung von Zweigniederlassungen zu vermerken, und zwar unter Angabe des Ortes und, falls der Firma für eine Zweigniederlassung ein Zusatz beigefügt ist, unter Angabe dieses Zusatzes. In Spalte 3 sind der Einzelkaufmann und bei den in Abteilung A einzutragenden Gesellschaften die persönlich haftenden Gesellschafter sowie bei Kreditinstituten die gerichtlich bestellten vertretungsbefugten Personen, bei Europäischen wirtschaftlichen INTERESSENVEREINIGUNGEN die Geschäftsführer unter der Bezeichnung als solche mit Vornamen, Familiennamen, Beruf und Wohnort (ab dem 01.01.1999 nur noch Namen, Geburtsdatum und Wohnsitz), bei juristischen Personen die Mitglieder des Vorstands und deren Stellvertreter, ferner die Abwickler unter der Bezeichnung als solche mit Vornamen, Familiennamen, Beruf und Wohnort einzutragen. Gemäß § 40 Abs. 3 HdlReg.Vfg sind bei Europäischen wirtschaftlichen INTERESSENVEREINIGUNGEN zu vermerken:

a) die Mitglieder der Vereinigung mit Vornamen, Familiennamen, Firma, Rechtsform, Wohnort oder Sitz und gegebenenfalls mit der Angabe der Nummer und des Ortes der Registereintragung sowie alle sich hierauf beziehenden Änderungen; ab dem 01.01.1999 Namen, Geburtsdatum, die Firma, die Rechtsform, den Wohnsitz oder den Sitz sowie gegebenfalls die Nummer und den Ort der Registereintragung
b) die Befugnis der Geschäftsführer oder der Abwickler zur Vertretung der Vereinigung;
c) jede Änderung der Personen der Geschäftsführer oder Abwickler sowie jede Änderung der Vertretungsbefugnis einer dieser Personen;
d) die besonderen Bestimmungen des Gründungsvertrags über die Zeitdauer der Vereinigung und die sich hierauf beziehenden Änderungen;
e) die Nichtigkeit, die Auflösung und die Fortsetzung der Vereinigung;
f) der Schluß der Abwicklung der Vereinigung;
g) die Klausel über die Haftungsbefreiung eines Mitglieds für vor seinem Beitritt entstandene Verbindlichkeiten.

Gemäß § 61 HdlRegVfg sind bei Europäischen wirtschaftlichen INTERESSENVEREINIGUNGEN die Befugnis der Geschäftsführer oder der Abwickler zur Vertretung der Vereinigung einzutragen. 

Anders als bei der oHG bestimmt nicht der tatsächliche Sitz der Vereinigung das für die Registrierung maßgebliche Handelsregistergericht, sondern der im Gründungsvertrag bezeichnete Sitz (Selbherr/Manz, EWIV, Deutschland, § 2 EWIVAG Rn. 8). Sachlich zuständig ist grundsätzlich der Rechtspfleger, allerdings nur wenn kein ausländisches Recht zur Anwendung kommt. Mithin fällt die Eintragung stets in die Zuständigkeit des Richters, wenn der Rechtsstatuts eines ausländischen Mitgliedes zu prüfen ist, § 5 Abs. 1 Nr. RPflG. Die Gebühren für die Eintragung der EWIV richten sich nach §§ 26, 32, 69 KostO, abhängig vom Wert des Betriebsvermögens der EWIV, das sehr gering gehalten werden kann, da die EWIV keine Einlagen voraussetzt.

 


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