Die Europäische
Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV)
Anmeldungsprozedur und –voraussetzungen in Deutschland
von Rechtsanwalt
Dr.
Götz-Sebastian Hök, Berlin
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Mit der Verordnung (EWG) Nr. 2137/85
des Rates vom 25. Juli 1985 wurde der rechtliche Rahmen für die Europäischen
wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) geschaffen. Eine harmonische
Entwicklung des Wirtschaftslebens sowie ein beständiges und ausgewogenes
Wirtschaftswachstum in der gesamten Gemeinschaft hängen nach Ansicht des Rates
von der Errichtung und dem Funktionieren eines Gemeinsamen Marktes ab, der
ähnliche Bedingungen wie ein nationaler Binnenmarkt bietet. Für die
Verwirklichung eines solchen einheitlichen Marktes und die Stärkung seiner
Einheit empfahl es sich aus europäischer Sicht, für natürliche Personen,
Gesellschaften und andere juristische Einheiten einen rechtlichen Rahmen zu
schaffen, welcher die Anpassung ihrer Tätigkeit an die wirtschaftlichen
Gegebenheiten der Gemeinschaft erleichtert. Hierzu war es erforderlich, daß
diese Personen, Gesellschaften und anderen juristischen Einheiten über die
Grenzen hinweg zusammenarbeiten können. Da eine solche Zusammenarbeit auf
rechtliche, steuerrechtliche und psychologische Schwierigkeiten stoßen kann,
sollte ein Instrument zur Verfügung gestellt werden, daß die Zusammenarbeit im
Binnenmarkt vereinfacht. Mit der Schaffung eines geeigneten Rechtsinstruments
auf Gemeinschaftsebene in Form einer Europäischen wirtschaftlichen
Interessenvereinigung wollte der Rat die genannten Ziele erreichen.
Zur Förderung der Nutzung der EWIV hat
die Kommission der EU die Initiative "REGIE - Europäisches Netz der EWIV,' ins
Leben gerufen. Mit diesem Projekt sollen den Unternehmen, die ihre Tätigkeit
durch Zusammenarbeit mit anderen Partnern in der Europäischen Union ausbauen
wollen, praktische, direkt umsetzbare Informationen zur Verfügung gestellt
werden. Im internationalen Vergleich sei allerdings -wie die Beantwortung der
parlamentarischen Anfrage Nr. 1834/J betreffend Europäische Wirtschaftliche
Interessenvereinigungen ( EWIV ) im österreichischen Bundestag hervorhebt- zu
erkennen, daß diese Gestaltungsform zwar ein taugliches Instrument für
spezielle Fälle von gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlüssen von Unternehmen
zwecks gemeinsamer grenzüberschreitender wirtschaftlicher Tätigkeit sei,
jedoch gerade für kleine und mittlere Unternehmen wenig Bedeutung habe. Aus
deutscher Sicht stellt sie aber eine durchaus interessante Kooperationsform
dar.
Die EWIV muß als europäisches
Rechtsinstitut angesehen werden, wobei die Merkmale einer bloßen
Zusammenarbeitsvereinbarung mit denen einer Personengesellschaft verbunden
wurden. Die EWIV ist Einheitsrecht und damit in allen EU-Mitgliedsstaaten
einheitliches Gesellschaftsrecht. Mögliche Partner müssen sich nicht mit der
schwierigen Entscheidung auseinandersetzen, welches nationale Rechtssystem den
Hintergrund für ihre Partnerschaft abgeben soll, da der rechtliche Rahmen in
etwa gleich bleibt, unabhängig davon, wo die EWIV gegründet wird. Nur für eine
begrenzte Anzahl von Punkten, wie das Unternehmensregister, verweist die
Verordnung ausdrücklich auf das nationale Recht der Mitgliedsstaaten. Ein
faktischer Vorteil der EWIV liegt darin, daß die Partner ihre wirtschaftliche
und rechtliche Unabhängigkeit behalten, jedoch gleichzeitig für die
Zusammenarbeit Rechtsfähigkeit erlangen. Ein weiterer Vorteil der EWIV sind
ihre einfachen Gründungsvoraussetzungen. Die Mitgliedern sind in der
Gestaltung ihrer Beziehungen weitgehend frei. Es muß lediglich ein
schriftlicher Vertrag aufgesetzt und die Vereinigung bei der Registerbehörde
eines Mitgliedstaates eingetragen werden. Zuständig ist die Behörde am
vertraglich vereinbarten Sitz. Die notarielle Beurkundung des Vertrages ist
entbehrlich. Um die EWIV umfassend einsetzen zu können, wurde auf
Gründungskapital verzichtet. Die flexible Finanzierung ist von großer
Bedeutung für kleine und mittleren Unternehmen, da es kaum wahrscheinlich ist,
daß ihnen viel Kapital zur Finanzierung der Zusammenarbeit zur Verfügung
steht. In der Praxis werden Geldmittel häufig dadurch beschafft, daß die EWIV
regelmäßig Beiträge von den Mitgliedern erhalten und sich erwiesene Dienste
entgelten lassen. Es ist zum Beispiel auch möglich, durch Geld, Naturalien
oder Wissen ( Know-how ) zur Finanzierung beizutragen . Ein weiterer Vorteil
ist, daß die Mitglieder die Vereinigung jederzeit beenden und auflösen
können.
Die geschilderten praktischen Vorteile
der EWIV bei der Auslandsmarkterschließung rücken immer stärker in der
Vordergrund. Es soll daher nachstehend kurz das Gründungszenario in
Deutschland dargestellt werden, zumal am 1. Januar 1999 geringfügige
Änderungen der Anmeldeprozedur in Kraft treten (BGBl 1998 I, S. 1474).
Soweit nicht die Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 des Rates vom 25. Juli 1985 über
die Schaffung einer Europäischen wirtschaftlichen INTERESSENVEREINIGUNG (EWIV)
- ABl. EG Nr. L 199 S. 1 - (Verordnung) durchgreift, sind auf eine Europäische
wirtschaftliche INTERESSENVEREINIGUNG (EWIV) mit Sitz in Deutschland die
Vorschriften des EWIVAG in der Fassung vom 14. April 1988, im übrigen
entsprechend die für eine offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften
anzuwenden; die Vereinigung gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des
Handelsgesetzbuchs.
Die Vereinigung ist gemäß § 2 EWIVAG
bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren im Gründungsvertrag genannten Sitz
hat, zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Anmeldung zur
Eintragung der Vereinigung in das Handelsregister hat zu enthalten:
1. die Firma der Vereinigung mit den voran- oder nachgestellten Worten
"Europäische wirtschaftliche INTERESSENVEREINIGUNG" oder der Abkürzung "EWIV",
es sei denn, daß diese Worte oder die Abkürzung bereits in der Firma enthalten
sind;
2. den Sitz der Vereinigung;
3. den Unternehmensgegenstand;
4. den Namen, die Firma, die Rechtsform, den Wohnsitz oder den Sitz sowie
gegebenenfalls die Nummer und den Ort der Registereintragung eines jeden
Mitglieds der Vereinigung; ab dem 1. Januar 1999: den Namen, das
Geburtsdatum, die Firma, die Rechtsform, den Wohnsitz oder den Sitz sowie
gegebenenfalls die Nummer und den Ort der Registereintragung eines jeden
Mitglieds der Vereinigung;
5. die Geschäftsführer mit Namen, Beruf und Wohnsitz sowie mit der Angabe,
welche Vertretungsbefugnis sie haben; ab dem 1. Januar 1999: die
Geschäftsführer mit Namen, Geburtsdatum und Wohnsitz sowie mit der Angabe,
welche Vertretungsbefugnis sie haben;
6. die Dauer der Vereinigung, sofern die Dauer nicht unbestimmt ist.
Zur Eintragung in das Handelsregister
sind nach § 2 Abs. 3 EWIVAG ferner anzumelden:
1. Änderungen der Angaben nach Absatz
2;
2. die Nichtigkeit der Vereinigung;
3. die Errichtung und die Aufhebung jeder Zweigniederlassung der Vereinigung;
4. die Auflösung der Vereinigung;
5. die Abwickler mit den in Absatz 2 Nr. 5 genannten Angaben sowie Änderungen
der Personen der Abwickler und der Angaben;
6. der Schluß der Abwicklung der Vereinigung;
7. eine Klausel, die ein neues Mitglied gemäß Artikel 26 Abs. 2 der Verordnung
von der Haftung für Verbindlichkeiten befreit, die vor seinem Beitritt
entstanden sind.
Die Verpflichtung zur Anmeldung
weiterer Tatsachen auf Grund des § 1 EWIVAG bleibt unberührt.
Gemäß § 3 Abs. 2 der
Handelsregisterverfügung (HdlRegVfg) werden in die Abteilung A des
Handelsregisters die Einzelkaufleute, die in den § 33 des Handelsgesetzbuchs
bezeichneten juristischen Personen sowie die offenen Handelsgesellschaften,
die Kommanditgesellschaften und die Europäischen wirtschaftlichen
INTERESSENVEREINIGUNGEN eingetragen. Gemäß § 40 Abs. 2 und Abs. 3
HdlRegVfg sind in Spalte 2 sind unter a die Firma, unter b der Ort der
Niederlassung oder der Sitz der Gesellschaft, unter c bei Europäischen
wirtschaftlichen INTERESSENVEREINIGUNGEN und bei juristischen Personen
auch der Gegenstand des Unternehmens und die sich darauf beziehenden
Änderungen einzutragen. In dieser Spalte ist auch die Errichtung von
Zweigniederlassungen zu vermerken, und zwar unter Angabe des Ortes und, falls
der Firma für eine Zweigniederlassung ein Zusatz beigefügt ist, unter Angabe
dieses Zusatzes. In Spalte 3 sind der Einzelkaufmann und bei den in Abteilung
A einzutragenden Gesellschaften die persönlich haftenden Gesellschafter sowie
bei Kreditinstituten die gerichtlich bestellten vertretungsbefugten Personen,
bei Europäischen wirtschaftlichen INTERESSENVEREINIGUNGEN die Geschäftsführer
unter der Bezeichnung als solche mit Vornamen, Familiennamen, Beruf und
Wohnort (ab dem 01.01.1999 nur noch Namen, Geburtsdatum und Wohnsitz), bei
juristischen Personen die Mitglieder des Vorstands und deren Stellvertreter,
ferner die Abwickler unter der Bezeichnung als solche mit Vornamen,
Familiennamen, Beruf und Wohnort einzutragen. Gemäß § 40 Abs. 3 HdlReg.Vfg
sind bei Europäischen wirtschaftlichen INTERESSENVEREINIGUNGEN zu vermerken:
a) die Mitglieder der Vereinigung mit
Vornamen, Familiennamen, Firma, Rechtsform, Wohnort oder Sitz und
gegebenenfalls mit der Angabe der Nummer und des Ortes der Registereintragung
sowie alle sich hierauf beziehenden Änderungen; ab dem 01.01.1999 Namen,
Geburtsdatum, die Firma, die Rechtsform, den Wohnsitz oder den Sitz sowie
gegebenfalls die Nummer und den Ort der Registereintragung
b) die Befugnis der Geschäftsführer oder der Abwickler zur Vertretung der
Vereinigung;
c) jede Änderung der Personen der Geschäftsführer oder Abwickler sowie jede
Änderung der Vertretungsbefugnis einer dieser Personen;
d) die besonderen Bestimmungen des Gründungsvertrags über die Zeitdauer der
Vereinigung und die sich hierauf beziehenden Änderungen;
e) die Nichtigkeit, die Auflösung und die Fortsetzung der Vereinigung;
f) der Schluß der Abwicklung der Vereinigung;
g) die Klausel über die Haftungsbefreiung eines Mitglieds für vor seinem
Beitritt entstandene Verbindlichkeiten.
Gemäß § 61 HdlRegVfg sind bei
Europäischen wirtschaftlichen INTERESSENVEREINIGUNGEN die Befugnis der
Geschäftsführer oder der Abwickler zur Vertretung der Vereinigung
einzutragen.
Anders als bei der oHG bestimmt nicht
der tatsächliche Sitz der Vereinigung das für die Registrierung maßgebliche
Handelsregistergericht, sondern der im Gründungsvertrag bezeichnete Sitz (Selbherr/Manz,
EWIV, Deutschland, § 2 EWIVAG Rn. 8). Sachlich zuständig ist grundsätzlich der
Rechtspfleger, allerdings nur wenn kein ausländisches Recht zur Anwendung
kommt. Mithin fällt die Eintragung stets in die Zuständigkeit des Richters,
wenn der Rechtsstatuts eines ausländischen Mitgliedes zu prüfen ist, § 5 Abs.
1 Nr. RPflG. Die Gebühren für die Eintragung der EWIV richten sich nach §§ 26,
32, 69 KostO, abhängig vom Wert des Betriebsvermögens der EWIV, das sehr
gering gehalten werden kann, da die EWIV keine Einlagen voraussetzt.
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