Der Faktor
Recht
Ordnungsfaktor, Sicherheitsfaktor, Kostenfaktor
Von Rechtsanwalt
Dr. Götz-Sebastian Hök, Berlin
Lehrbeauftragter an der FHTW, Berlin
* * *
Das geltende Recht ist
Ordnungsfaktor, Sicherheitsfaktor und Kostenfaktor. Die drei Faktoren bilden
einen Rahmen. Gerechtigkeit fordern, Recht haben, Recht erhalten und Recht
durchsetzen sind Aussagen, die im Lichte der drei Faktoren Gehalt erlangen.
1. Ordnungsfaktor
Gesetztes Recht,
Gewohnheitsrecht, Richterrecht, Bräuche und Sitten sind latent vorhandene
Ordnungsfaktoren. Die Regeln ordnen das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und
Arbeitgeber, zwischen Mieter und Vermieter, zwischen Auftraggeber und
Auftragnehmer, zwischen Kontoinhaber und Bank, zwischen Dozent und Student,
zwischen Student und Fakultät, zwischen Eigentümer und Besitzer, zwischen den
Verkehrsteilnehmern, zwischen Staat und Verkehrsteilnehmern, zwischen
Inländern und Ausländern, zwischen Mann und Frau, zwischen Eltern und Kind
etc.
Im Rahmen dieser Ordnung können die Menschen gestaltend eingreifen, etwa in
dem sie Verträge schließen, die ihre Rechtsbeziehungen regeln. Vermietung,
Verpachtung, Bauen, Altbauten sanieren und modernisieren, Grundstücke kaufen,
sie beleihen, sie in Wohnungseigentum aufteilen, etc. geschieht im Rahmen
rechtlicher Vorschriften. Die Regelungen bestimmen über das Zustandekommen von
Verträgen, ihre Wirksamkeit, ihre Auflösung, über Haftungsfolgen und vieles
anderes mehr. Die Beteiligten können sie teilweise modifizieren und sie ändern
oder ergänzen.
2. Sicherheitsfaktor
Indem rechtliche Regeln
Rechtsverhältnisse ordnen, schaffen sie für die Beteiligten Sicherheit in Form
von Verläßlichkeit. Jedermann kann sich auf die rechtlichen Regeln berufen,
wenn auch nicht immer für sich klageweise in Anspruch nehmen.
Bsp:
Das Recht auf Arbeit ist Zielvorstellung. Es regelt keinen Anspruch des
Arbeitnehmers gegen jeden Arbeitgeber.
Sicherheitsabstände (Bauwich, Abstandsflächen) aus dem öffentlichen Baurecht,
die aufgrund bestimmter gesetzlicher Regeln im Interesse des Nachbarschutzes
oder feuerpolizeilicher Interessen bestehen, kann nur der Eigentümer des
Nachbargrundstückes geltend machen, nicht etwa auch der Mieter.
Die Verläßlichkeit rechtlicher Regeln ist von hohem wirtschaftlichem Wert. Der
Bauunternehmer kann sich darauf verlassen, daß er gegen den Bauherrn eine
Bauhandwerkersicherungshypothek durchsetzen kann, was ihn gegen das
Insolvenzrisiko absichert und ihn kreditwürdiger macht. Der Mietvertrag
schafft die Sicherheit für den Mieter, daß der Vermieter Mängel abstellen muß.
Der Mieter weiß, daß ihn bauliche Mängel kostenmäßig nicht treffen. Der
Arbeitnehmer kann den Arbeitgeber auf seinen Lohn in Anspruch nehmen, der
Arbeitgeber kann den Arbeitseinsatz des Arbeitnehmers verlangen.
3. Kostenfaktor
Das Recht stellt aber auch
einen Kostenfaktor dar. Die Unübersichtlichkeit des Rechts macht Beratung
erforderlich, die Geld kostet. Mit der Abschaffung des Faustrechtes und der
Einführung des Zivilprozesses als Mittel zur Durchsetzung von Ansprüchen,
Forderungen und Rechten verursacht die Durchsetzung von Positionen
Gerichtskosten, Rechtsanwaltskosten und zeitbedingte Kosten (z.B. Aufwand für
Zwischenfinanzierungszinsen). Vermehrte Risiken aus der Haftungsrechtsprechung
müssen durch Versicherungen gedeckt werden, die Kosten verursachen. Höhere
Anforderungen an den Vermieter wälzt dieser über die Miete ab. Das
Verbraucherinsolvenzverfahren reduziert die Kreditfähigkeit der
Kleinunternehmer, weil z.B. die sicherungsweise Abtretung von
Forderungsbeständen dem Verbraucherinsolvenzverfahren nur noch bedingt stand
hält und der Insolvenzverwalter Kosten verursacht.
|