Das Gesetz zur
Beschleunigung fälliger Zahlung
Rechtsanwalt
Dr. Götz-Sebastian Hök, Berlin
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I. Verzug
II. Abschlagszahlungen zugunsten des Werkunternehmers
III. Abnahme des Werkes
IV. Fälligkeit der Vergütung
V. Abschlagszahlungen beim Hausbau
VI. Fazit
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Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger
Zahlung trat am 1. Mai 2000 in Kraft (BGBl 2000 I, 330). Es bringt im Kern
Änderungen der Regelungen zum Zahlungsverzug mit sich, führt den Anspruch auf
Abschlagszahlung des Werkunternehmers ein, ändert die Regelungen zur Abnahme
des Werkes und erweitert den Anspruch auf Sicherheitsleistung des
Werkunternehmers auf Nebenforderungen. Das Gesetz hat Bedeutung für alle
Gewerbetreibenden. Im Vordergrund stand jedoch die Bewältigung von
Schwierigkeiten der Bauunternehmer.
I. Verzug
Bislang kam der Schuldner in Verzug,
wenn für die Zahlung ein Termin vereinbart war, sie angemahnt wurde oder der
Schuldner Klage erhob. Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlung führt
hiervon abweichend in § 284 III BGB ein, daß der Schuldner einer Geldforderung
nunmehr bereits 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder einer
gleichwertigen Zahlungsaufforderung in Verzug gerät. Der gesetzliche Zinssatz
betrug nach § 288 I BGB vier vom Hundert jährlich. Das Gesetz zur
Beschleunigung fälliger Zahlung regelt, daß eine Geldschuld während des
Verzuges für das Jahr mit fünf Prozentpunkten über dem Basissatz nach § 1 des
Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz vom 9. Juni 1998 (BGBl 1998 I, 1242) zu
verzinsen ist.
II. Abschlagszahlungen zugunsten des
Werkunternehmers
Bislang sah nur die Verdingungsordnung
für Bauleistungen Teil B § 16 einen Anspruch des Werkunternehmers auf
Abschlagszahlungen vor. Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlung führt
in § 632 a BGB nunmehr generell ein, daß der Unternehmer von dem Besteller für
in sich abgeschlossene Teile des Werkes Abschlagszahlungen für die erbrachte
vertragsgemäße Leistung verlangen darf. Dies gilt nach § 632 Satz 2 BGB auch
für erforderliche Stoffe oder Bauteile, die eigens angefertigt oder
angeliefert sind, aber gemäß § 632 a Satz 3 nur dann, wenn dem Besteller
Eigentum an den Teilen des Werkes, an den Stoffen oder Bauteilen übertragen
oder Sicherheit hierfür geleistet wird.
III. Abnahme des Werkes
Nach § 640 I BGB war der Besteller
lediglich verpflichtet, das vertragsgemäß hergestellte Werk abzunehmen, sofern
nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen war. Das
Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlung ergänzt § 640 I um zwei Sätze.
Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden. Ferner
steht es der Abnahme gleich, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer
ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu
verpflichtet ist.
Ferner führt das Gesetz zur
Beschleunigung fälliger Zahlung einen neuen § 641 a BGB ein. § 641 a BGB n.F.
sieht vor, daß es der Abnahme gleichsteht, wenn dem Unternehmer von einem
Gutachter eine Bescheinigung darüber erteilt wird, daß das versprochene Werk
hergestellt ist und das Werk frei von Mängeln ist, die der Besteller gegenüber
dem Gutachter behauptet hat oder die für den Gutachter bei einer Besichtigung
feststellbar sind. Das Gesetz nennt diese Bescheinigung
”Fertigstellungsbescheinigung”. Die Abnahmewirkung tritt nicht ein, wenn das
Verfahren, das in den Absätzen 2 bis 4 des neuen § 641 a BGB geregelte
Verfahren nicht eingehalten worden ist oder wenn das Werk nicht vertragsgemäß
hergestellt ist oder wesentliche Mängel aufweist. Im Streitfall muß der
Besteller beweisen, daß das Verfahren zur Erlangung der
”Fertigstellungsbescheinigung” nicht eingehalten wurde bzw. das Werk nicht
vertragsgemäß war oder mit wesentlichen Mängel behaftet. Es wird ferner
vermutet, daß ein Aufmaß oder eine Stundenlohnabrechnung, die der Unternehmer
seiner Rechnung zugrundelegt, zutreffen, wenn der Gutachter dies in der
”Fertigstellungsbescheinigung” bestätigt.
”Fertigstellungsbescheinigungen”
können nur Sachverständige erteilen, auf die sich der Unternehmer und der
Besteller entweder verständigt haben oder solche öffentlich bestellte und
vereidigte Sachverständige, die auf Antrag des Unternehmens durch eine
Industrie- und Handelskammer, eine Handwerkskammer, eine Architektenkammer
oder eine Ingenieurkammer bestimmt werden (§ 641 a II BGB n.F.). Der Gutachter
wird von dem Unternehmen beauftragt. Er ist diesem und dem Besteller gegenüber
verpflichtet, die Bescheinigung unparteiisch und nach bestem Wissen und
Gewissen zu erteilen.
Der Gutachter muß mindestens einen
Besichtigungstermin abhalten. Zum Besichtigungstermin ist zu laden, und zwar
mit einer Frist von mindestens zwei Wochen. Ob das Werk frei von Mängeln ist,
beurteilt der Sachverständige nach einem schriftlichen Vertrag, den ihm der
Unternehmer vorzulegen hat. Änderungen dieses Vertrages sind dabei nur zu
berücksichtigen, wenn sie schriftlich vereinbart sind oder von den
Vertragsteilen übereinstimmend gegenüber dem Gutachter vorgebracht werden.
Enthält der Vertrag entsprechende Angaben nicht, sind die allgemein
anerkannten Regeln der Technik zugrundezulegen. Vom Besteller geltend gemachte
Mängel bleiben bei der Erteilung der Bescheinigung unberücksichtigt, wenn sie
nach Abschluß der Besichtigung vorgebracht werden.
Der Besteller ist nach § 641 a IV BGB
n.F. verpflichtet, eine Untersuchung des Werkes oder von teilen desselben
durch den Gutachter zu gestatten. Verweigert der Besteller die Untersuchung,
vermutet das Gesetz, daß das zu untersuchende Werk vertragsgemäß hergestellt
wurde. Es ist dann eine ”Fertigstellungsbescheinigung” zu erteilen. Dem
Besteller ist vom Gutachter eine Abschrift der Bescheinigung zu erteilen. In
Ansehung von Fristen, Zinsen und Gefahrübergang treten die Wirkungen der
Bescheinigung erst mit ihrem Zugang beim Besteller ein.
Der Anspruch des Unternehmers auf
Stellung von Sicherheiten wird in § 648 a BGB etwas weiter gefaßt als dies
bislang der Fall war. Der Anspruch erstreckt sich zukünftig auch auf
”dazugehörige Nebenleistungen”. Im übrigen bleibt die Norm unverändert.
IV. Fälligkeit der Vergütung
Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger
Zahlung ergänzt zum Schutze der Subunternehmer § 641 BGB dahin, daß die
Vergütung des Unternehmers für ein Werk, dessen Herstellung der Besteller
einem Dritten versprochen hat, spätestens fällig wird, wenn und soweit der
Besteller von dem Dritten für das versprochene Werk wegen dessen Herstellung
seine Vergütung oder Teile hiervon erhalten hat (§ 641 II 1 BGB n.F.). Hat der
Besteller dem Dritten gegenüber wegen möglicher Mängel Sicherheit geleistet,
gilt dies nur, wenn der Unternehmer dem Besteller Sicherheit in entsprechender
Höhe leistet (§ 641 II 2 BGB n.F.). Generell gilt gemäß § 641 III BGB (n.F.),
daß der Besteller nach der Abnahme die Zahlung eines angemessenen Teils der
Vergütung verweigern, mindestens in Höhe des Dreifachen der für die
Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten, wenn der Besteller die
Beseitigung eines Mangels verlangen kann.
V. Abschlagszahlungen beim Hausbau
Der neu eingeführte § 27 a AGBG
ermächtigt das Bundesministerium der Justiz, im Einvernehmen mit dem
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie auch unter Abweichung von §
632 a BGB n.F. durch Verordnung zu regeln, welche Abschlagszahlungen bei
Werkverträgen verlangt werden können, die der Errichtung eines Hauses oder
eines vergleichbaren Bauwerkes zum Gegenstand haben. Die Verordnung soll
insbesondere regeln, wie viele Abschläge vereinbart werden können, welche
erbrachten Gewerke hierbei im welchen Prozentsätzen der Gesamtbausumme
angesetzt werden können, welcher Abschlag für eine in dem Vertrag enthaltene
Verpflichtung zur Verschaffung des Eigentums angesetzt werden kann und welche
Sicherheit dem Besteller hierfür zu leisten ist.
VI. Fazit
Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger
Zahlungen führt eine Reihe interessanter Neuerungen ein. Sie sind aber eher
halbherzig und kosmetischer Natur. Ein großer Wurf sind sie nicht.
Die neuen Regelungen zum Verzug helfen
nicht ernsthaft gegen die Zahlungsverschleppung. Nach wie vor muß der
Unternehmer gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, um seine Ansprüche
durchzusetzen. Das kostet Zeit und Geld. Beides steht oftmals nicht zur
Verfügung. Ernsthafte Hilfe hätte eine Regelung im Sinne des Art. 1799-1 des
französischen Code Civil gebracht. Danach müssen vom Bauherrn zwangsweise
Erfüllungsbürgschaften beigebracht werden oder die finanzierenden
Kreditinstitute können nur noch an die beauftragten Unternehmen zahlen. Auch
wäre darüber nachzudenken gewesen, ob eine bessere Sicherung von
Zahlungsansprüchen durch die Zulassung einer speziellen
Sicherungsvollstreckung ohne Vollstreckungstitel, wie sie das französische
Recht seit 1991 kennt, nicht ein interessanter Ansatz gewesen wäre.
Die geringfügige Verbesserung in § 648
a BGB wird praktisch nicht viel bringen, weil sich die Unternehmen nicht
trauen, Sicherheitsleistung zu fordern. Sie denken an den nächsten Auftrag und
Vertrauen auf die Worte des Bauherrn. Auch insoweit hätte nur ein Zwang im
Sinne des französischen Rechts geholfen.
Die Regelungen zugunsten der
Subunternehmer sind ebenfalls nur bedingt als ernsthafte Hilfe zu verstehen.
Die Bauträger und Generalübernehmer bzw. –unternehmer werden Gründe finden,
Zahlungen zu verweigern. Auch hier würde ein Blick auf das französische Recht
helfen. Dort kommt der Subunternehmer in den Genuß von Direktansprüchen gegen
den Bauherrn.
Ob die Regelungen zur Bauabnahme
tatsächlich Verbesserungen mit sich bringen werden, muß abgewartet werden. Sie
erscheinen etwas fern der Praxis zu liegen, vor allem deshalb, weil die
Sachverständigen schon jetzt oftmals überlastet sind und erhebliche Zeit ins
Land gehen wird, sollte das Verfahren nach § 641 a BGB tatsächlich praktische
Bedeutung erlangen. Das Gesetz sieht keine Pflicht zur Übernahme des
Abnahmeverfahrens vor; auch regelt es keine Fristen, innerhalb derer der
Sachverständige tätig werden müßte. Deshalb kann bereits die Auswahl des
Sachverständigen problematisch werden.
Aus der Sicht der Bauherrn wird
zukünftig großes Augenmerk auf die Vermeidung von Stundenlohnarbeiten zu legen
sein. § 641 a I BGB n.F. enthält quasi eine Aufforderung zur Dokumentation von
Stunden. Die Abrechnung von Stundenlohnarbeiten ist im Bauhandwerk eine gerne
gesehene Möglichkeit, die ursprünglichen Preise zu verbessern. Nur selten sind
die Stundenlohnabrechnungen bei echten Pauschal- oder Einheitspreisverträgen
wirklich sachlich gerechtfertigt. Sie überwiegen aber in der Praxis.
Man kann sich also des Eindruckes
nicht gänzlich erwehren, daß der Gesetzgeber, den Regelungsdruck der
Lobbyisten spürend, seine Pflicht getan hat; mehr aber auch nicht. |