-
sämtliche Hoch- und
Tiefbauarbeiten, bei denen Metall oder anderes Material zum Einsatz kommt
(Abschnitt V Nr.20 und Nr.36); Aufstellen von Gewächshäusern und
Wintergärten (Abschnitt V Nr.13,37), sowohl wenn die Firma nur Stahl- und
Metallkonstruktionen, als auch wenn sie zusammen mit den Metallarbeiten
auch die Glas, Dichtungs- und sonstigen Arbeiten selbst ausfährt; Bauten-
und Eisenschutzarbeiten (Abschnitt IV Nr.1); Stahlbiege- und
Flechtarbeiten, soweit sie zur Erbringung anderer baulicher Leistungen des
Betriebes ausgeführt werden (Abschnitt V Nr.30); Gleisbauarbeiten
(Abschnitt V Nr.18).
Führt ein Betrieb verschiedene
Tätigkeiten aus, die nur teilweise unter den BRTV für das Baugewerbe fallen,
kommt es darauf an, welche Tätigkeiten arbeitszeitlich überwiegen. Bei
dieser Entscheidung sind aufgrund von § 1 Abs. 4 AEntG nur die in
Deutschland ausgeführten Tätigkeiten zu berücksichtigen, da alle von einem
Arbeitgeber in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer als ein Betrieb gelten.
Es ist daher einsichtig, daß die Beurteilung der erbrachten Dienstleistung
einer österreichischen Firma nur nach einer genauen Beschreibung der
ausgeführten Arbeiten möglich ist.
Die deutsche Urlaubs- und
Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) steht zur Verfügung, bei
diesbezüglichen Grenzfällen Auskunft zu erteilen und hat auch eine Broschüre
herausgegeben, in der das gesamte Anmeldeverfahren und die gesetzlichen
Unterlagen enthalten sind.
III. Protektionismus
Während die Europäische Union
versucht, allen Arbeitnehmern im Baubereich mindestens den Standard zu
gewährleisten, der im Arbeitsland gilt, hat der deutsche Gesetzgeber die
Gelegenheit genutzt, möglichst zu verhindern, daß ausländische Bauarbeiter
in Deutschland tätig werden. Ob und wie lange daher das deutsche
Arbeitnehmerentsendegesetz den Zugang zum deutschen Markt regulieren wird,
hängt davon ab, wie deutlich das deutsche Recht in die Grundfesten des
Europäischen Verträge eingreift.
IV. Text des
Arbeitnehmer-Entsendegesetz - AEntG
vom 26. Februar 1996, zuletzt
geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I, S. 3850ff.)
Der Bundestag hat mit der Mehrheit
seiner Mitglieder und mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz
beschlossen:
§ 1
(1) Die Rechtsnormen eines für
allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages des Bauhauptgewerbes oder des
Baunebengewerbes im Sinne der §§ 1 und 2 der Baubetriebe-Verordnung vom 28.
Oktober 1980 (BGBl. 1 S. 2033), zuletzt geändert durch Artikel 1 der
Verordnung vom 13. Dezember 1996 (BGBl. 1 S. 1954), die 1. die
Mindestentgeltsätze einschließlich der Überstundensätze oder 2. die Dauer
des Erholungsurlaubs, das Urlaubsentgelt oder ein zusätzliches- Urlaubsgeld
zum Gegenstand haben, finden auch auf ein Arbeitsverhältnis zwischen einem
Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seinem im räumlichen Geltungsbereich des
Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer zwingend Anwendung, wenn der
Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs. 1 des Dritten
Buches Sozialgesetzbuch erbringt und auch inländische Arbeitgeber ihren im
räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmern
mindestens die am Arbeitsort geltenden tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen
gewähren müssen. Ein Arbeitgeber im Sinne des Satzes 1 ist verpflichtet,
seinem im räumlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach Satz 1
beschäftigten Arbeitnehmer mindestens die in dem Tarifvertrag
vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen zu gewähren. Dies gilt auch für einen
unter den Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach Satz 1 fallenden
Arbeitgeber mit Sitz im Inland unabhängig davon, ob der Tarifvertrag kraft
Tarifbindung nach § 3 des Tarifvertragsgesetzes oder aufgrund der
Allgemeinverbindlicherklärung Anwendung findet. Tarifvertrag nach Satz 1 ist
auch ein Tarifvertrag, der die Erbringung von Montageleistungen auf
Baustellen außerhalb des Betriebssitzes zum Gegenstand hat.
(2) Absatz 1 gilt unter den dort
genannten Voraussetzungen auch für allgemeinverbindlich erklärte
Tarifverträge im Bereich der Seeschiffahrtsassistenz.
(2a) Wird ein Leiharbeitnehmer von
seinem Entleiher mit Tätigkeiten beschäftigt, die in den Geltungsbereich
eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages nach Absatz 1 oder
Absatz 2 oder einer Rechtsverordnung nach Absatz 3a fallen, so hat ihm der
Verleiher zumindest das in diesem Tarifvertrag oder in dieser
Rechtsverordnung vorgeschriebene Mindestentgelt zu zahlen.
(3) Sind im Zusammenhang mit der
Gewährung von Urlaubsansprüchen nach Absatz 1 die Einziehung von Beiträgen
und die Gewährung von Leistungen durch allgemeinverbindliche Tarifverträge
einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien übertragen, so
finden die Rechtsnormen solcher Tarifverträge auch auf einen ausländischen
Arbeitgeber und seinen im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages
beschäftigten Arbeitnehmer zwingend Anwendung, wenn in den betreffenden
Tarifverträgen oder auf sonstige Weise sichergestellt ist, daß
1. der ausländische Arbeitgeber
nicht gleichzeitig zu Beiträgen nach dieser Vorschrift und Beiträgen zu
einer vergleichbaren Einrichtung im Staat seines Sitzes herangezogen wird
und
2. das Verfahren der gemeinsamen
Einrichtung der Tarifvertragsparteien eine Anrechnung derjenigen Leistungen
vorsieht, die der ausländische Arbeitgeber zur Erfüllung des gesetzlichen,
tarifvertraglichen oder einzelvertraglichen Urlaubsanspruchs seines
Arbeitnehmers bereits erbracht hat.
Ein Arbeitgeber im Sinne des
Absatzes 1 Satz 1 ist verpflichtet, einer gemeinsamen Einrichtung der
Tarifvertragsparteien die ihr nach Satz 1 zustehenden Beiträge zu leisten.
Dies gilt auch für einen unter den Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach
Satz 1 fallenden Arbeitgeber mit Sitz im Inland unabhängig davon, ob der
Tarifvertrag kraft Tarifbindung nach § 3 des Tarifvertragsgesetzes oder
aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung Anwendung findet.
(3a) Ist ein Antrag auf
Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages nach Absatz 1 Satz 1 oder
Absatz 3 Satz 1 gestellt worden, kann das Bundesministerium für Arbeit und
Sozialordnung unter den dort genannten Voraussetzungen durch
Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, daß die
Rechtsnormen dieses Tarifvertrages auf alle unter den Geltungsbereich dieses
Tarifvertrages fallenden und nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und
Arbeitnehmer Anwendung finden. Vor Erlaß der Rechtsverordnung gibt das
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung den in den Geltungsbereich
der Rechtsverordnung fallenden Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie den
Parteien des Tarifvertrages Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme. Die
Rechtsverordnung findet auch auf ein Arbeitsverhältnis zwischen einem
Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seinem im Geltungsbereich der
Rechtsverordnung beschäftigten Arbeitnehmer zwingend Anwendung. Unter den
Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach Absatz 1 oder Absatz 3 fallende
Arbeitgeber mit Sitz im Inland sind verpflichtet, ihren Arbeitnehmern
mindestens die in der Rechtsverordnung vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen
zu gewähren sowie einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien
die ihr nach Satz 1 zustehenden Beiträge zu leisten; dies gilt unabhängig
davon, ob die entsprechende Verpflichtung kraft Tarifbindung nach § 3 des
Tarifvertragsgesetzes oder aufgrund der Rechtsverordnung besteht. Satz 4
Halbsatz 1 gilt auch für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und ihre im
Geltungsbereich der Rechtsverordnung beschäftigten Arbeitnehmer.
(4) Für die Zuordnung zum
betrieblichen Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach den Absätzen 2, 3
und 3a gelten die vom Arbeitgeber mit Sitz im Ausland im Inland eingesetzten
Arbeitnehmer in ihrer Gesamtheit als Betrieb.
(5) Von einer nach Absatz 3 Satz 1
und 2 oder Absatz 3a Satz 1 und 5 bestehenden Verpflichtung zur Zahlung von
Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien kann bei
der Beschäftigung eines Arbeitnehmers nach Absatz 1 in Ausnahmefällen
abgesehen werden, wenn dies in dem betreffenden Fall wegen des geringen
Umfangs der zu erbringenden Leistungen angemessen und begründet erscheint.
Anmerkung:
1. § 1 AEntG umschreibt den
Anwendungsbereich des Arbeitnehmerentsendegesetzes. Es gilt uneingeschränkt
für alle Arbeitsverhältnisse von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland (Ulber,
AÜG, § 1 AEntG Rn. 7). Soweit bereits mangels Auslandsberührung deutsches
Recht Anwendung findet, besteht eigentlich für das AEntG kein
Anwendungsbedarf. Wollte man hieraus aber schließen, deutsche Arbeitgeber
könnten die Mindestbedingungen gefahr- weil sanktionslos unterbieten, läge
es auf der Hand, das AEntG wegen seines dann gravierenden Verstoßes gegen
EU-Recht gänzlich aus dem Verkehr zu ziehen. Aus dem Wortlaut des § 1 AEntG
ließe sich eine solche Interpretation auch nicht herleiten. Zudem soll das
Gesetz lediglich sicherstellen, daß sich ausländische Arbeitgeber in Fragen
der Mindeststandards nicht auf ihr Heimatrecht berufen dürfen. Die in dem
Gesetz geregelten Mindeststandards und besonderen Sanktionen gelten daher
unterschiedslos für alle Arbeitgeber und Unternehmen in Deutschland (so auch
Hanau/Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 1 AEntG Rn. 11; a.A. Ulber, AÜG,
§ 1 AEntG Rn. 9; vgl. auch § 5 I Nr. 1 AEntG). Nur so läßt sich eine
Wettbewerbsverzerrung ohne diskriminierenden Inhalt auf dem inländischen
Markt vermeiden.
2. Um die Freizügigkeit von
Arbeitnehmern innerhalb der Europäischen Union zu gewährleisten, hat der Rat
der Europäischen Gemeinschaft im Jahre 1971 die Verordnung Nr. 1408/71
erlassen. Sie stellt sicher, daß ein Mitarbeiter nur in einem Staat
sozialversicherungspflichtig ist. Ein im Ausland eingesetzter Mitarbeiter
ist nach Art. 14 der VO in seinem Herkunftsland versicherungspflichtig, wenn
er
-
im Rahmen eines
Beschäftigungverhältnisses mit einem Unternehmen mit Sitz im Ausland
-
auf Rechnung dieses Unternehmens
-
zur Ausführung einer Arbeit in
einen anderen Mitgliedsstaat entsandt wird und
-
die voraussichtliche Dauer der
Entsendung 12 Monate nicht überschreitet und
-
der Mitarbeiter nicht eine andere
Person ablöst, für welche die Entsendezeit abgelaufen ist
§ 1a
Ein Unternehmer, der einen
anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinne des § 211
Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch beauftragt, haftet für die
Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von
dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur
Zahlung des Mindestentgelts an einen Arbeitnehmer oder zur Zahlung von
Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 1
Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2a, 3 Satz 2 und 3 oder Abs. 3a Satz 4 und 5
wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Das
Mindestentgelt im Sinne des Satzes 1 umfaßt nur den Betrag, der nach Abzug
der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung
oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an den Arbeitnehmer
auszuzahlen ist (Nettoentgelt).
§ 1a: Eingef. durch Art. 10 Nr. 2 G
v. 19.12.1998 I 3843 mWv 1.1.1999
Anmerkung:
1. § 1 a AEntG regelt eine
Unternehmerhaftung, gelegentlich wird m.E. fälschlich von einer (zu eng
begriffenen) Generalunternehmerhaftung gesprochen. Erfaßt werden sollen alle
Bauaufträge, die Unternehmer im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit in Auftrag
geben. Eine Ausdehnung der Durchgriffshaftung auf Privatleute, die
Bauleistungen in Auftrag geben, ist nach der Entwurfsbegründung
ausgeschlossen. Wer als Unternehmer Bauarbeiten in Auftrag gibt, haftet in
Anlehnung an die Regelung in § 349 des Handelsgesetzbuches wie ein
selbstschuldnerischer Bürge für die Einhaltung der tariflichen
Mindestbedingungen durch den Auftragnehmer und seine Subunternehmer
(Däubler, Das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur
Sicherung der Arbeitnehmerrechte, NJW 1999, S. 601, 607). Über § 1 a AEntG
steht der Unternehmer mithin in einer strengen Bürgenhaftung. Zwar bleiben
ihm gegen seine Inanspruchnahme die Einwendungen erhalten, die auch der
Hauptschuldner, sprich der Auftragnehmer (oder Subunternehmer) erheben
könnte, § 768 BGB. Doch kann er nicht einwenden, der Anspruchsteller möge
doch zunächst gegen den Auftragnehmer oder Subunternehmer vorgehen (Ausschluß
der Vorausklage). Immerhin sieht § 774 BGB den Übergang der Hauptforderung
auf den Bürgen vor, wenn dieser die Hauptforderung befriedigt. Ferner haftet
der Hauptschuldner dem deutschen Unternehmer auf Freistellung von den
Verbindlichkeiten gegenüber dem Arbeitnehmer und gemeinsamen Einrichtungen
der Tarifvertragsparteien, § 775 BGB.
2. Auf das Bürgschaftsverhältnis
zwischen Auftraggeber und den Arbeitnehmern und gemeinsamen Einrichtungen
der Tarifvertragsparteien findet deutsches Recht Anwendung. Das sog.
Bürgschaftsstatut entscheidet darüber, ob der Bürge zu leisten hat (Palandt/Heldrich,
BGB, Art. 28 Rn. 20). Wie sich die Tilgung der Hauptschuld auf die Schuld
des Bürgen auswirkt und ob die Einrede der Vorausklage besteht, ist aus dem
deutschen Recht zu beantworten. Das Recht, dem die Hauptschuld unterliegt,
besagt dagegen, was der Bürge zu leisten hat. Auch insoweit gilt wegen des
zwingenden Charakters des AEntG deutsches Recht.
3. Es muß allerdings bezweifelt
werden, daß der Auftraggeber im Inland gegen den ausländischen Auftragnehmer
Regreß nehmen kann. Das einschlägige Europäische Gerichtsstands- und
Vollstreckungsübereinkommen verweist auf den Gerichtsstand am Sitz des
Auftragnehmers. Ein besonderer Gerichtsstand aus Art. 5 EuGVÜ ist nicht
ersichtlich.
§ 2
(1) Für die Prüfung der
Arbeitsbedingungen nach § 1 sind die Bundesanstalt für Arbeit und die
Hauptzollämter zuständig.
(2) §§ 304 bis 307 des Dritten
Buches Sozialgesetzbuch sind entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, daß
die dort genannten Behörden auch Einsicht in Arbeitsverträge,
Niederschriften nach § 2 des Nachweisgesetzes und andere Geschäftsunterlagen
nehmen können, die mittelbar oder unmittelbar Auskunft über die Einhaltung
der Arbeitsbedingungen nach § 1 geben, und die nach § 306 Abs.1 des Dritten
Buches Sozialgesetzbuch zur Mitwirkung Verpflichteten diese Unterlagen
vorzulegen haben. § 308 Abs. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch findet
entsprechende Anwendung. Die genannten Behörden dürfen nach Maßgabe der
datenschutzrechtlichen Vorschriften auch mit Behörden anderer
Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums, die entsprechende
Aufgaben wie nach diesem Gesetz durchführen oder für die Bekämpfung
illegaler Beschäftigung zuständig sind oder Auskünfte geben können, ob ein
Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen nach § 1 einhält, zusammenarbeiten. Für
die Datenverarbeitung, die dem in Absatz 1 genannten Zweck oder der
Zusammenarbeit mit den Behörden des Europäischen Wirtschaftsraums dient,
findet § 67 Abs. 2 Nr. 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch keine
Anwendung.
(2a) Soweit die Rechtsnormen eines
für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages nach § 1 Satz 1 Nr. 1 oder
einer entsprechenden Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3a auf das
Arbeitsverhältnis Anwendung finden, ist der Arbeitgeber verpflichtet,
Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit des Arbeitnehmers
aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufzubewahren.
(3) Jeder Arbeitgeber mit Sitz im
Ausland ist verpflichtet, die für die Kontrolle der Einhaltung der
Rechtspflichten nach § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2a, 3 Satz 2 und Abs. 3a Satz 5
erforderlichen Unterlagen im Inland für die gesamte Dauer der
tatsächlichen Beschäftigung des Arbeitnehmers im Geltungsbereich dieses
Gesetzes, mindestens für die Dauer der gesamten Bauleistung, insgesamt
jedoch nicht länger als zwei Jahre in deutscher Sprache, auf Verlangen der
Prüfbehörde auch auf der Baustelle, bereitzuhalten.
(4) Für die Entscheidung gemäß § 1
Abs. 5 ist die Bundesanstalt für Arbeit zuständig.
§ 3
(1) Von einem Arbeitgeber mit Sitz
im Ausland, der einen oder mehrere Arbeitnehmer innerhalb des
Geltungsbereichs dieses Gesetzes beschäftigt, ist vor Beginn jeder
Bauleistung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache bei dem für den
Ort der Bauleistung zuständigen Landesarbeitsamt vorzulegen, die die für die
Prüfung wesentlichen Angaben enthält. Wesentlich sind die Angaben über
1 . Namen, Vornamen und Geburtsdaten
der von ihm im Geltungsbereich dieses Gesetzes beschäftigten Arbeitnehmer,
2. Beginn und voraussichtliche Dauer
der Beschäftigung,
3. Ort der Beschäftigung
(Baustelle),
4. den Ort im Inland, an dem die
nach § 2 Abs. 3 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten werden,
5. Name, Vorname, Geburtsdatum und
Anschrift in Deutschland des verantwortlich Handelnden,
6. Name, Vorname und Anschrift in
Deutschland eines Zustellungsbevollmächtigten, soweit dieser nicht mit dem
in Nummer 5 genannten verantwortlich Handelnden identisch ist.
(2) Überläßt ein Verleiher mit Sitz
im Ausland im Rahmen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes einen oder mehrere
Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung einem Entleiher im Geltungsbereich dieses
Gesetzes" so hat er vor Beginn jeder Bauleistung dem für den Ort der
Bauleistung zuständigen Landesarbeitsamt schriftlich eine Anmeldung in
deutscher Sprache mit folgenden Angaben zuzuleiten:
1 . Namen, Vornamen und Geburtsdaten
der von ihm in den Geltungsbereich dieses Gesetzes überlassenen
Arbeitnehmer,
2. Beginn und Dauer der
Überlassung,
3. Ort der Beschäftigung
(Baustelle),
4. den Ort im Inland, an dem die
nach § 2 Abs. 3 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten werden,
5. Name, Vorname und Anschrift in
Deutschland eines Zustellungsbevollmächtigten,
6. Name und Anschrift des
Entleihers.
(3) Der Arbeitgeber oder der
Verleiher hat der Anmeldung eine Versicherung beizufügen, daß er die in § 1
vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen einhält.
(4) Die Landesarbeitsämter stellen
unverzüglich den Hauptzollämtern oder den für diese tätig werdenden Stellen
Abdrucke aller eingegangenen Anmeldungen zur Verfügung. Den Hauptzollämtern
oder den für diese tätig werdenden Stellen obliegt die Unterrichtung der
zuständigen Finanzämter.
§ 4
Für die Anwendung dieses Gesetzes
gilt die im Inland gelegene Baustelle als Geschäftsraum und der mit der
Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers Beauftragte als Gehilfe im
Sinne des § 11 Abs. 3 des Verwaltungszustellungsgesetzes.
§ 5
(1) Ordnungswidrig handelt, wer
vorsätzlich oder fahrlässig
1. Entgegen § 1 Abs. 1 Satz 2 oder
Abs. 3a Satz 5 als Arbeitgeber mit Sitz im Ausland oder entgegen § 1 Abs. 1
Satz 3 oder Abs. 3a Satz 4 als Arbeitgeber mit Sitz im Inland einem
Arbeitnehmer eine dort genannte Arbeitsbedingung nicht gewährt,
1a. entgegen § 1 Abs. 2a den
vorgeschriebenen Mindestlohn nicht zahlt,
2. Entgegen § 1 Abs. 3 Satz 2 oder
Abs. 3a Satz 5 als Arbeitgeber mit Sitz im Ausland oder entgegen § 1 Abs. 3
Satz 3 oder Abs. 3a Satz 4 als Arbeitgeber mit Sitz im Inland einen Beitrag
nicht leistet,
3. entgegen § 2 Abs. 2 Satz 1, auch
in Verbindung mit § 306 Abs.1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch, eine
Prüfung nicht duldet, bei einer Prüfung nicht mitwirkt, eine genannte
Unterlage nicht oder nicht vollständig vorlegt, eine Auskunft über
Tatsachen, die darüber Aufschluß geben, ob die Arbeitsbedingungen nach § 1
eingehalten werden, nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erteilt,
entgegen § 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 306 Abs.1 des Dritten Buches
Sozialgesetzbuch das Betreten eines Grundstückes oder eines Geschäftsraumes
nicht duldet, entgegen § 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 306 Abs.2 Satz
1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch die erforderlichen Daten nicht oder
nicht vollständig zur Verfügung stellt, entgegen § 2 Abs. 2a eine
Aufzeichnung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erstellt oder nicht
oder nicht mindestens zwei Jahre aufbewahrt, entgegen § 2 Abs. 3 eine
Unterlage nicht, nicht in deutscher Sprache, nicht für die vorgeschriebene
Dauer oder entgegen einem Verlangen der Prüfbehörde nicht auf der Baustelle
bereithält oder entgegen § 3 die Anmeldung oder die Versicherung gegenüber
dem zuständigen Landesarbeitsamt nicht, nicht richtig, nicht vollständig
oder nicht rechtzeitig vorlegt.
(2) Ordnungswidrig handelt, wer
Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs.1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch
in erheblichem Umfang ausführen läßt, indem er als Unternehmer einen anderen
Unternehmer beauftragt, von dem er weiß oder fahrlässig nicht weiß, daß
dieser bei der Erfüllung dieses Auftrags
1. gegen § 1 verstößt oder
2. einen Nachunternehmer einsetzt
oder zuläßt, daß ein Nachunternehmer tätig wird, der gegen § 1 verstößt.
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in
den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, Nr.1a und 2 sowie des Absatzes 2 mit einer
Geldbuße bis zu einer Million Deutsche Mark, in den Fällen des Absatzes 1
Nr. 3 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Deutsche Mark geahndet
werden.
(4) Verwaltungsbehörden im Sinne des
§ 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind die in § 2
Abs. 1 genannten Behörden.
(5) Die Geldbußen fließen in die
Kasse der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat. Für die
Vollstreckung zugunsten der Behörden des Bundes und der unmittelbaren
Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts sowie für die
Vollziehung des dinglichen Arrestes nach § 111 d der Strafprozeßordnung in
Verbindung mit § 46 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten durch die in § 2
Abs. 1 genannten Behörden gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz. Die
nach Satz 1 zuständige Kasse trägt abweichend von § 105 Abs. 2 des Gesetzes
über Ordnungswidrigkeiten die notwendigen Auslagen; sie ist auch
ersatzpflichtig im Sinne des § 110 Abs. 4 des Gesetzes über
Ordnungswidrigkeiten.
(6) Die Bundesanstalt für Arbeit und
die Hauptzollämter unterrichten jeweils für ihren Geschäftsbereich das
Gewerbezentralregister über rechtskräftige Bußgeldentscheidungen nach den
Absätzen 1 bis 3, sofern die Geldbuße mehr als zweihundert Deutsche Mark
beträgt.
(7) Gerichte und
Staatsanwaltschaften sollen den nach diesem Gesetz zuständigen Behörden
Erkenntnisse übermitteln, die aus ihrer Sicht zur Verfolgung von
Ordnungswidrigkeiten nach den Absätzen 1 und 2 erforderlich sind, soweit
nicht für das Gericht oder die Staatsanwaltschaft erkennbar ist, daß
schutzwürdige Interessen des Betroffenen oder anderer Verfahrensbeteiligter
an dem Ausschluß der Übermittlung überwiegen. Dabei ist zu berücksichtigen,
wie gesichert die zu übermittelnden Erkenntnisse sind.
Anmerkung:
Mit der Neufassung des § 5 Abs. 1
Nr. 1 stellt der Gesetzgeber klar, daß auch inländische Arbeitgeber nach dem
Arbeitnehmer-Entsendegesetz zur Zahlung der Mindestlöhne verpflichtet sind
und diese Verpflichtung bußgeldbewehrt ist. In Nr. 3 wird die Möglichkeit
zur Verhängung eines Bußgeldes auch auf den Fall erstreckt, daß der
Arbeitgeber die zur Prüfung erforderlichen Unterlagen entgegen einem
behördlichen Verlangen nicht auf der Baustelle bereithält. Zuvor hatte das
OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf NZA 1998, S. 1286) sich geweigert,
Bußgeldtatbestände des Gesetzes auch auf deutsche Arbeitgeber zu
erstrecken.
§ 6
Von der Teilnahme an einem
Wettbewerb um einen Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsauftrag der in § 98
des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten Auftraggeber sollen
Bewerber für eine angemessene Zeit bis zur nachgewiesenen Wiederherstellung
ihrer Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden, die wegen eines Verstoßes nach
§ 5 mit einer Geldbuße von wenigstens fünftausend Deutsche Mark belegt
worden sind. Das gleiche gilt auch schon vor Durchführung eines
Bußgeldverfahrens, wenn im Einzelfall angesichts der Beweislage kein
vernünftiger Zweifel an einer schwerwiegenden Verfehlung nach Satz 1
besteht. Die für die Verfolgung oder Ahndung der Ordnungswidrigkeiten nach §
5 zuständigen Behörden dürfen den Vergabebehörden auf Verlangen die
erforderlichen Auskünfte geben.
§ 7
(1) Die in Rechts- oder
Verwaltungsvorschriften enthaltenen Regelungen über
1. die Höchstarbeitszeiten und
Mindestruhezeiten,
2. den bezahlten
Mindestjahresurlaub,
3. die Mindestentgeltsätze
einschließlich der Überstundensätze,
4. die Bedingungen für die
Überlassung von Arbeitskräften, insbesondere durch Leiharbeitsunternehmen,
5. die Sicherheit, den
Gesundheitsschutz und die Hygiene am Arbeitsplatz,
6. die Schutzmaßnahmen im
Zusammenhang mit den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen von Schwangeren
und Wöchnerinnen, Kindern und Jugendlichen und
7. die Gleichbehandlung von Männern
und Frauen sowie andere Nichtdiskriminierungsbestimmungen
finden auch auf ein
Arbeitsverhältnis zwischen einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber und
seinem im Inland beschäftigten Arbeitnehmer zwingend Anwendung.
(2) Die Arbeitsbedingungen nach
Absatz 1 Nr. 1 und 4 bis 7 betreffenden Rechtsnormen eines für
allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages nach § 1 Abs. 1 finden unter
den dort genannten Voraussetzungen auch auf ein Arbeitsverhältnis zwischen
einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seinem im räumlichen
Geltungsbereich dieses Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer zwingend
Anwendung.
Anmerkung:
Mit dem neuen § 7 wird
Gemeinschaftsrecht umgesetzt. Artikel 3 Abs. 1 der EU-Entsenderichtlinie vom
16.12.1996 (96/71/EG) enthält einen Katalog von Arbeitsbedingungen, die im
Einsatzstaat auch für den entsandten Arbeitnehmer zur Anwendung kommen
müssen. Diese Mindeststandards sollen, soweit sie in Rechts- und
Verwaltungsvorschriften geregelt sind, nicht nur im Baubereich, sondern in
allen Wirtschaftszweigen gelten. Der Gesetzgeber regelt in § 7 AEntG die
zwingende Anwendung der traifvertraglichen, gesetzlichen und sonstigen
Regelungen im Sinne einer konstitutiv wirkenden gesetzlichen Anordnung.
Damit ist die zwingende Anwendung dieser Mindeststandards mit den
vorhandenen Regelungen des Internationalen Privatrechts gewährleistet. Der
Schritt war erforderlich, denn zwar gelten insbesondere die Vorschriften des
staatlichen Arbeitsschutzrechtes als klassischer Fall von »Eingriffsnormen«
im Sinne des Artikels 34 EGBGB, die »ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag
anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln; doch räumt die
Vorschrift insoweit mit Zweifeln über die Reichweite des Art. 34 EGBGB auf
(zum Streitstand vgl. Palandt/Heldrich, BGB, Art. 34 EGBGB Rn. 3).
§ 8
Ein Arbeitnehmer, der in den
Geltungsbereich dieses Gesetzes entsandt ist oder war, kann eine auf den
Zeitraum der Entsendung bezogene Klage auf Gewährung der Arbeitsbedingungen
nach §§ 1, 1a und 7 auch vor einem deutschen Gericht für Arbeitssachen
erheben. Diese Klagemöglichkeit besteht auch für eine gemeinsame Einrichtung
der Tarifvertragsparteien nach § 1 Abs. 3 in Bezug auf die ihr zustehenden
Beiträge.
Anmerkung:
Mit der Anwendbarkeit des Brüsseler
Abkommens ist dessen ausschließliche Geltung festgestellt. Seine
Zuständigkeitsregeln verdrängen die Bestimmungen der deutschen ZPO. In
seinem Zuständigkeitsbereich darf deshalb zur Begründung der internationalen
Zuständigkeit nicht mehr auf nationale Regelungen zurückgegriffen werden
(Münchener Kommentar/Gottwald, ZPO, Art. 2 IZPR Rdz. 2, 7; Zöller/Geimer,
ZPO, Anh I Art. 2 EuGVÜ Rn. 6). Die Tragweite des § 8 AEntG liegt daher
allenfalls in der Beschreibung einer örtlichen Zuständigkeit, denn ein Fall
des Art. 16 EuGVÜ liegt nicht vor.
Gerichtliche Entscheidungen:
§ 8 Nr. I
Gericht: Arbeitsgericht WIESBADEN
3. Kammer
Datum: 1998-04-29
Az: 3 Ca 3359/97
Leitsatz
1. Für Rechtsstreitigkeiten der
Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft aus § 7 S 2
ArbeitnehmerentsendeG gegen baugewerbliche Unternehmer aus Ländern, die dem
Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung
gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968
beigetreten sind, ist das Arbeitsgericht WIESBADEN international und örtlich
zuständig.
2. Die §§ 55ff des
allgemeinverbindlichen TV über die Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom
12.11.1986 idF vom 18.12.1996 sind unwirksam.
Hinweis:
Gegen die Entscheidung ist
Berufung eingelegt unter dem Aktenzeichen 15 Sa 1614/98 bei dem
Landesarbeitsgericht Frankfurt.
Fundstelle:
ARST 1998, 238 (Leitsatz 1-2)
Gericht: Arbeitsgericht WIESBADEN 3. Kammer
Datum: 1998-04-15
Az: 3 Ca 1970/97
Leitsatz
(Zur Frage des zuständigen
Arbeitsgerichts bei Rechtsstreitigkeiten der Urlaubs- und
Lohnausgleichskasse der
Bauwirtschaft gegen einen
ausländischen Bauunternehmer - Tarifvertragsauslegung)
Leitsatz (nicht amtlich)
1. Das Arbeitsgericht WIESBADEN ist
international und örtlich zuständig für Rechtsstreitigkeiten der Urlaubs-
und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft aus § 7 S 2 AENTG gegen
baugewerbliche Unternehmen aus Ländern, die dem Abkommen über die
gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.9.1988
(Lugano-Übereinkommen) beigetreten sind.
2. Die §§ 55 ff des für
allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren
im Baugewerbe vom 12.11.1986 idF vom 18.12.1996 sind unwirksam.
3. Die Tarifvertragsparteien haben
für im Ausland ansässige Bauunternehmer ein völlig anderes
Urlaubskassenverfahren konzipiert, als das Urlaubskassenverfahren, welches
für inländische Bauunternehmer gilt. Hierfür hat ihnen das AEntG keine
Tarifmacht eingeräumt, derer es aber bedurft hätte, da jenseits des
Regelungsbereichs des AEntG
ausländisches (hier norwegisches) Recht gilt.
Fundstelle:
NZA-RR 1998, 412-418 (red. Leitsatz
1-2 und Gründe)
EuroAS 1998, 122 (Kurzwiedergabe)
ARST 1998, 285 (red. Leitsatz 1-2)
Gegen die Entscheidung ist
Berufung eingelegt unter dem Az 16 Sa 1425/98 bei dem Landesarbeitsgericht
Frankfurt.
Gericht: Arbeitsgericht WIESBADEN 1. Kammer
Datum: 1998-02-10
Az: 1 Ca 1672/97
Leitsatz
Dem Europäischen Gerichtshof werden
gemäß Art 177 EGV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Sind Art 48, 59, 60 EGV so
auszulegen, daß sie durch eine Vorschrift des nationalen Rechts - § 1 Abs. 3
Satz 1
AENTG - verletzt werden, die die
Geltung der Rechtsnormen für allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge
über die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen im
Zusammenhang mit Urlaubsansprüchen von Arbeitnehmern durch gemeinsame
Einrichtungen von Tarifvertragsparteien, und damit die Rechtsnormen dieser
Tarifverträge über das dabei zu beachtende Verfahren, auf einen im Ausland
ansässigen Arbeitgeber und seine in den räumlichen Geltungsbereich dieser
Tarifverträge entsandten Arbeitnehmer erstreckt?
2. Sind Art 48, 59, 60 EGV so
auszulegen, daß sie durch die Vorschriften des § 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3
Satz 1 AEntG verletzt werden, die die Anwendung von Rechtsnormen für
allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge zur Folge haben, die
a. eine Urlaubslänge vorsehen, die
über die in der Richtlinie 93/104/EG des Rates der Europäischen Union vom
23.11.1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung festgelegte
Mindestlänge des Jahres-Erholungsurlaubs hinausgeht, und/oder
b. einen Anspruch auf Erstattung von
Aufwendungen für Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld gegen gemeinsame
Einrichtungen der Tarifvertragsparteien in Deutschland ansässigen
Arbeitgebern zubilligen, für im Ausland ansässige Arbeitgeber aber einen
solchen Anspruch nicht vorsehen, sondern stattdessen einen direkten
Anspruch
der entsandten Arbeitnehmer gegen
die gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien, und/oder
c. im Rahmen des nach diesen
Tarifverträgen zu beachtenden Sozialkassenverfahrens
Auskunftsverpflichtungen der im Ausland ansässigen Arbeitgeber gegenüber
gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorsehen, die dem Umfang
der zu erteilenden Auskünfte nach über den Umfang hinausgehen, der die in
Deutschland ansässigen Arbeitgeber trifft?
3. Sind Art 48, 59, 60 EGV so
auszulegen, daß sie durch die Regelung des § 1 Abs. 4 AEntG verletzt werden,
derzufolge für die Zuordnung zu dem betrieblichen Geltungsbereich eines für
allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages, der nach § 1 Abs. 3 Satz 1
AENTG auch für im Ausland ansässige Arbeitgeber und ihre in den räumlichen
Geltungsbereich dieses Tarifvertrags entsandten Arbeitnehmer gilt, alle -
aber auch nur die - nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer als ein Betrieb
gelten, obwohl für in Deutschland ansässige Arbeitgeber ein abweichender
Betriebsbegriff gilt, der in bestimmten Fällen zu einer abweichenden
Abgrenzung der Betriebe führt, die unter den Geltungsbereich des
allgemeinverbindlichen Tarifvertrags fallen?
4. Ist Art 3 Abs. 1 lit. b der
Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.1996
über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von
Dienstleistungen dahin auszulegen, daß sie mit Rücksicht auf die korrekte
Auslegung der Art 48, 59, 60 EGV jedenfalls die mit den Vorlagefragen 1 bis
3 problematisierten Regelungen weder anordnet noch zuläßt?
Fundstelle
DB 1998, 888 (red. Leitsatz 1 und
Gründe)
AP Nr 1 zu § 1 AENTG (Leitsatz 1-4
und Gründe)
Diese Entscheidung wird zitiert
von:
ARBG WIESBADEN 1998-02-13 7 Ca
2239/97 Parallelentscheidung
ARBG WIESBADEN 1998-02-17 8 Ca
1145/97 Parallelentscheidung
ARBG WIESBADEN 1998-02-16 5 Ca
2069/97 Parallelentscheidung
ARBG WIESBADEN 1998-02-17 8 Ca
1986/97 Parallelentscheidung
ARBG WIESBADEN 1998-02-17 8 Ca
1987/97 Parallelentscheidung
ARBG WIESBADEN 1998-02-27 6 Ca
2165/97 Parallelentscheidung
ARBG WIESBADEN 1998-02-27 7 Ca
2472/97 Parallelentscheidung
ARBG WIESBADEN 1998-02-27 7 Ca
2536/97 Parallelentscheidung
ARBG WIESBADEN 1998-02-27 6 Ca
2771/97 Parallelentscheidung
Der Antrag auf Vorabentscheidung
wird beim EuGH unter dem Aktenzeichen EuGH C-49/98.
Gericht: Arbeitsgericht WIESBADEN 8. Kammer
Datum: 1997-10-07
Az: 8 Ca 1172/97
Leitsatz
1. Für Klagen der Urlaubs- und
Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft gegen ausländische baugewerbliche
Arbeitgeber aus dem Arbeitnehmerentsendegesetz sind die deutschen Gerichte
international unzuständig, wenn der ausländische Bauarbeiter seinen Sitz in
einem Mitgliedstaat des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit
und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und
Handelssachen vom 27.09.1968,
dem sogenannten Brüsseler Abkommen,
hat.
Fundstelle
AP Nr. 3 zu Art 5 Brüsseler Abkommen
(red. Leitsatz 1 und Gründe)
DB 1997, 2284 (Leitsatz 1)
BB 1998, 902-903 (Leitsatz 1)
AP Nr. 2 zu § 1 AENTG (red. Leitsatz
1)
AP Nr. 4 zu Art 27 EGBGB nF (red.
Leitsatz 1)
Tatbestand
Kläger ist die ..., eine gemeinsame
Einrichtung der Tarifvertragsparteien. Der in Italien ansässige Beklagte
betreibt ein Bauunternehmen und führte mindestens in den Monaten März bis
Mai 1997 baugewerbliche Arbeiten auf mehreren Baustellen in der
Bundesrepublik Deutschland durch, wo er zu diesem Zwecke gewerbliche
Arbeitnehmer aus Italien beschäftigte. Nach § 8 Ziff. 11.1 des
allgemeinverbindlichen Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe, § 56
des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im
Baugewerbe (VTV) i. d. Fassung vom 18. Dezember 1996 sind die Einziehung von
Beiträgen und die Gewährung von Leistungen im Urlaubskassenverfahren dem
Kläger übertragen. § 59 VTV regelt Meldepflichten des Arbeitgebers gegenüber
dem Kläger hinsichtlich seines Unternehmens sowie der von ihm in die
Bundesrepublik Deutschland entsandten Arbeitnehmer.
Mit seiner Klage nimmt der Kläger
die Beklagtenseite insoweit auf Auskunftserteilung in Anspruch.
Der Kläger beantragt,
den im Termin vom 07. Oktober 1997
trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienenen Beklagten im Wege des
Versäumnisurteils zu verurteilen,
I. dem Kläger Auskunft zu erteilen
über
1. Name, Rechtsform und gesetzliche
Vertreter,
2. Anschrift, Telefon- und
Telefaxnummer am Betriebssitz,
3. inländische und ausländische
Bankverbindung,
4. Steuernummer
des von ihm betriebenen
Unternehmens,
II. dem Kläger hinsichtlich jedes
einzelnen gewerblichen Arbeitnehmers, den er seit 01.01.1997 in die
Bundesrepublik Deutschland entsandt hat, auf dem hierfür vorgeschriebenen
Formular folgende Auskünfte zu erteilen:
1. Name, Vorname, Geburtsdatum und
Heimatadresse,
2. inländische und ausländische
Bankverbindung,
3. Ort der Baustelle, auf der er
eingesetzt wird/wurde,
4. Art der Tätigkeit,
5. Beginn und voraussichtliche Dauer
der Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland,
6. Einzugsstellen und deren
Adressen, an welche die lohnbezogenen Beiträge zu den Systemen der sozialen
Sicherheit abgeführt werden,
7. Nummern, unter denen der
Arbeitnehmer bei den unter Ziff. 6. genannten Stellen geführt wird,
8. Finanzamt und dessen Adresse, an
welches die Lohnsteuer abgeführt wird,
9. Steuernummer,
III. dem Kläger auf dem hierfür
vorgeschriebenen Formular Auskunft zu erteilen über
1. Name, Vorname und Geburtsdatum,
2. Höhe des monatlichen Bruttolohnes
in deutscher Währung jedes einzelnen von ihm in den Monaten Februar, März,
April und Mai 1997 in die Bundesrepublik Deutschland entsandten gewerblichen
Arbeitnehmers sowie über die Höhe des in den Monaten Februar, März, April
und Mai 1997 jeweils fällig gewordenen und an den Kläger abzuführenden
Urlaubskassenbeitrages,
IV. für den Fall, daß er diese
Auskunftspflichten innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach
Urteilszustellung nicht erfüllt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe
von 3.380,00 DM zu bezahlen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unzulässig. Das
Arbeitsgericht WIESBADEN ist für den Rechtsstreit international nicht
zuständig.
Dies ergibt sich aus dem
Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung
gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) vom
27.09.1968, dem sog. Brüsseler Abkommen (ursprüngliche Fassung BGBl 1972 II
Seite 773).
Dieses Abkommen ist auf den
vorliegenden Fall anwendbar.
Sachlich anwendbar ist das Abkommen
nach Art. 1 in "Zivil- und Handelssachen, ohne daß es auf die Art der
Gerichtsbarkeit ankommt." Für die Einordnung als Zivil- und Handelssache
sind materiell-rechtliche Kriterien maßgebend. Das Brüsseler Abkommen
beschränkt sich daher nicht auf Klagen vor den (ordentlichen)
Zivilgerichten. Es gilt auch für Verfahren vor sonstigen Gerichten, etwa
Arbeits-, Straf- oder Verwaltungsgerichte sofern Gegenstand der Klage eine
Zivil- oder Handelssache ist. Unbestritten sind arbeitsrechtliche
Streitigkeiten eine Zivil- oder Handelssache in diesem Sinne (EuGH IPRax 83,
173; LAG München IPRax 92, 97; Zöller/Geimer, ZPO, 20. Auflage 1997 Anhang
I, Art. 1 GVÜ Randziffer 4; Baumbach/Albers, ZPO, 54. Auflage 1996,
AnerkVollstrAbk, Art. 1 EuGVÜ Randziffer 1 m.w.N.; MüKO ZPO 1992/Gottwald,
Art. 1 IZPR Randziffer 24; Kretz, AEntG, 1996, Teil C Randziffer 101). Das
Brüsseler Abkommen ist im vorliegenden Fall auch zeitlich anwendbar. Dies
ist der Fall, wenn die Klage zeitlich nach Inkrafttreten des Brüsseler
Abkommens erhoben worden ist. Hieran gibt es hier keine Zweifel:
Das Brüsseler Abkommen ist im Laufe
der letzten Jahrzehnte sukzessive zwischen Deutschland und folgenden Staaten
in Kraft gesetzt: Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande,
Großbritannien, Irland, Dänemark, Griechenland, Spanien, Portugal. Ein
letztes Beitrittsabkommen vom 29.11.1996 betrifft den Beitritt von Finnland,
Österreich und Schweden. Es ist derzeit noch nicht in Kraft (vgl. im
einzelnen und zu den im Detail unterschiedlichen Fassungen Geimer/Schütze,
Europäisches Zivilverfahrensrecht 1997, Einleitung, Randziffer 4 ff.).
Schließlich muß der/die Beklagte
seinen/ihren Wohnsitz im Hoheitsbereich eines Vertragsstaates haben. Für
Gesellschaften und juristische Personen steht deren Sitz dem Wohnsitz gleich
(Art. 53 Abs. 1 Brüsseler Abkommen). Der Beklagte hat seinen Wohnsitz in
Italien und damit im Hoheitsbereich eines Vertragsstaates.
Mit der Anwendbarkeit des Brüsseler
Abkommens ist auch dessen ausschließliche Geltung festgestellt. Seine
Zuständigkeitsregeln verdrängen die Bestimmungen der deutschen ZPO. In
seinem Zuständigkeitsbereich darf deshalb zur Begründung der internationalen
Zuständigkeit nicht mehr auf die ZPO zurückgegriffen werden (MüKO ZPO
1992/Gottwald, Art. 2 IZPR Rdz. 2, 7; Geimer/Schütze, a.a.O., Einleitung Rdz.
21).
Nach Art. 20 Abs. 1 des Abkommens
hat das Gericht die Zuständigkeit von Amts wegen zu prüfen, auch wenn der
Beklagte - wie hier - sich nicht auf das Verfahren einläßt.
Art. 2 des Brüsseler Abkommens
bestimmt, daß Personen, die ihren Wohnsitz/Sitz in dem Hoheitsgebiet eines
Vertragsstaates haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den
Gerichten dieses Staates zu verklagen sind. Damit sind grundsätzlich die
Gerichte des Staates, in dem das verklagte Unternehmen seinen Sitz hat,
international zuständig.
Eine besondere Zuständigkeit des
Arbeitsgerichts WIESBADEN besteht nicht.
Nach Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler
Abkommens kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines
Vertragsstaates hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden, "wenn
ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens
bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden
ist oder zu erfüllen wäre; ...''
Der Europäische Gerichtshof legt den
Begriff "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" autonom, d.h. aus dem
Sinnzusammenhang des Brüsseler Abkommens aus (EuGH E 1993, 987; EuGH NJW 89,
1424; MüKo ZPO 1992/Gottwald, Art. 5 IZPR Randziffer 2; Zöller/Geimer, Art.
5 GVÜ Randziffer 6; Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 5 Randziffer 18 ff.;
Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 5. Auflage 1996, Art. 5
Randziffer 5, jeweils m.w.N.). Abgelehnt wird damit eine Qualifikation nach
der lex causae, also dem Recht des Staates, dessen Recht nach den
Kollisionsnormen des Gerichtsstaates anwendbar ist, da diese Qualifikation
einer Vereinheitlichung der Zuständigkeitsregeln offensichtlich
zuwiderlaufen würde. Aus dem gleichen Grund scheidet auch eine Qualifikation
nach der jeweiligen lex fori aus (MüKO ZPO 1992/Gottwald, a.a.O.; Kropholler,
a.a.O.; m.w.N.). Der Begriff der vertraglichen Ansprüche ist nach der
autonomen Auslegung des EuGH weit auszulegen, er führt zu "praktikablen,
wenn auch dogmatisch schwer begründbaren Ergebnissen" (Zöller/Geimer, a.a.O.).
Entscheidend ist, daß "ein solcher Anspruch seinen Grund in der
Nichteinhaltung einer Vertragspflicht findet" (Geimer/Schütze, a.a.O.,
Randziffer 18 m.w.N.). Der Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 1 ist z. B. eröffnet
für Streitigkeiten über die Wirksamkeit eines Vertrages, über
Schadenersatzansprüche wegen mißbräuchlicher Auflösung eines
Handelsvertretervertrages, aber auch für Klagen, durch die ein Verein oder
eine sonstige juristische Person gegen ihre Mitglieder Ansprüche auf
Beitragsleistungen geltend macht, ebenso wie für Klagen aus
Binnenbeziehungen in einer Aktiengesellschaft (Geimer/Schütze, a.a.O.,
Randziffern 19 bis 21 m.w.N.; MüKO ZPO 1992/Gottwald, a.a.O., Art. 5
Randziffer 4 m.w.N.; Kropholler, a.a.O., Randziffer 6 m.w.N.). Zweifelsfrei
nicht unter Art. 5 Nr. 1 fallen Klagen aus sogenannten Quasi-Kontrakten, wie
Geschäftsführung ohne Auftrag sowie Ansprüche aus gesetzlichen
Schuldverhältnissen, wobei für die Abgrenzung im einzelnen nach Auffassung
des EuGH nicht die vom IPR des Erststaates bestimmte lex causae maßgeblich
ist. Auch hier versucht der EuGH eine vertragsautonome Qualifikation. Nicht
vertraglich sind danach z.B. Ansprüche aus unerlaubter Handlung aus
Produkthaftung, wegen ungerechtfertigter Bereicherung oder auch
Anfechtungsklagen nach dem Anfechtungsgesetz, weil diese Klage nicht aus
einem Vertrag stammt (Geimer/Schütze, a.a.O., Randziffer 32).
Grundsätzlich scheidet Art. 5 Nr. 1
aus, wenn zwischen den Parteien keine unmittelbaren vertraglichen
Beziehungen bestehen (EuGH JZ 95, 90; Baumbach/Albers, a.a.O., Art. 5 EuGVÜ
Randziffer 1; Geimer/Schütze, a.a.O., Randziffer 33).
Zwischen den Parteien bestehen keine
unmittelbaren vertraglichen Beziehungen.
In der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts (z.B. Urteil vom 22.01.1997 - 10 AZR 908/94, S. 8) ist
anerkannt, daß die Beitragspflicht zu den Sozialkassen des Baugewerbes nicht
durch rechtsgeschäftliches Handeln begründet wird. Voraussetzung ist
vielmehr allein die Ausführung baugewerblicher Tätigkeiten durch das
Unternehmen.
Ob Tarifverträge als
Kollektivverträge überhaupt zuständigkeitsbegründende Verträge im Sinne der
autonomen Interpretation des EuGH sein können, kann hier dahinstehen. Auch
bei weitester Auslegung des Vertragsbegriffs im Sinne der Rechtsprechung des
EuGH muß zur Kenntnis genommen werden, daß der Kläger und der verklagte
ausländische Bauarbeitgeber weder mittelbar über einen Arbeitgeberverband
noch gar unmittelbar am Zustandekommen der fraglichen Tarifverträge
beteiligt waren, aus denen jetzt Ansprüche hergeleitet werden. Zwischen dem
Kläger und dem verklagten Bauarbeitgeber dürfte es in der Regel (abgesehen
von eventuellem außergerichtlichem Briefverkehr) überhaupt keinen
rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Kontakt gegeben haben,
der als Anknüpfungspunkt für einen vertraglichen Anspruch im Sinne des Art.
5 Nr. 1 dienen könnte. Die tarifvertraglichen Regelungen über Urlaub und
Lohn finden nur über die Erstreckungsregelung des § 1 AEntG in Verbindung
mit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung der auf dem AEntG fußenden
Tarifverträge auf diese Anwendung. Diese Form der rechtlichen Verpflichtung
ist eher einem gesetzlichen Schuldverhältnis nachgebildet. Ein Bezug zu wie
auch immer gearteten vertraglichen Ansprüchen fehlt (ebenso Kretz, AENTG
1996, Teil C Randziffer 112; BAG vom 22.01.1997, 10AZR 908/94).
Dagegen meinen Koberski/Sahl/Hold (AEntG
1997, § 1 Randziffer 269), es handele sich bei den sich aus den
einschlägigen Tarifverträgen der Bauwirtschaft für die Arbeitgeber
ergebenden Beitragspflichten um vertragliche Pflichten im Sinne des Art. 5
Nr. 1 des Brüsseler Abkommens, da es sich bei diesen Verpflichtungen
letztlich nicht um eine staatliche Regelung handele, sondern um eine
inhaltlich auf dem Verhandlungsgleichgewicht beruhende und unter Beachtung
unternehmerischer Interessen zustandegekommenen Regelung. Dies rechtfertige
es auch, die daraus auch für Außenseiter folgende Verpflichtung als
vertragliche Verpflichtung im Sinne des Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Abkommens
aufzufassen. Dieser Ansicht muß zunächst entgegengehalten werden, daß nicht
jede nicht-staatliche Regelung eine vertragliche Regelung ist und daß die
Berücksichtigung von Verhandlungsgleichgewichten und unternehmerischen
Interessen nicht regelmäßig und automatisch vertragliche Pflichten
begründet. Außerdem kann die Behauptung, die einschlägigen
allgemeinverbindlichen Tarifverträge der Bauwirtschaft beruhten auf einem
Verhandlungsgleichgewicht und berücksichtigten unternehmerische Interessen,
in dieser Allgemeinheit nicht nachvollzogen werden. Zumindest in Bezug auf
die Interessen der ausländischen Bauunternehmen trifft dies nicht zu.
Selbst wenn die klägerischen
Begehren entgegen der hier vertretenen Ansicht vertraglicher Natur wären,
wäre das Arbeitsgericht WIESBADEN gleichwohl nicht nach Art. 5 Nr. 1 des
Brüsseler Abkommens international zuständig, denn der Erfüllungsort für die
unterstellt vertraglichen Ansprüche des Klägers läge regelmäßig im Ausland.
Aus der Formulierung des Art. 5 Nr.
1 "vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist
oder zu erfüllen wäre" wird deutlich, daß es zur Begründung der
Zuständigkeit jeweils auf die streitige Verpflichtung ankommt.
Anknüpfungspunkt ist die Verpflichtung, die den Gegenstand der Klage bildet,
nicht etwa irgendeine Verpflichtung oder die vertragscharakteristische
Leistung. Art. 5 Nr. 1 eröffnet eine Zuständigkeit nur dann, wenn die
konkrete streitgegenständliche Verbindlichkeit im Gerichtsstaat zu erfüllen
ist oder erfüllt wurde.
Zur Ermittlung des Erfüllungsortes
stellt der EuGH auf eine Qualifikation lege causae ab (EuGH NJW 77, 791;
EuGH NJW 95, 183; BGH NJW 91, 3095; Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 5
Randziffer 63; MüKO ZPO 1992/Gottwald, a.a.O., Art. 5 Randziffer 13;
Kropholler, a.a.O., Art. 16 Randziffer 16 m.w.N.). Der Ort, an dem die
Verpflichtung zu erfüllen wäre, ist demnach nach dem Recht zu bestimmen, das
nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befaßten Gerichts für die
streitige Verpflichtung maßgebend ist.
Das deutsche internationale
Privatrecht wird, vertragliche Schuldverhältnisse betreffend, durch die §§
27 ff. EGBGB bestimmt.
Nach § 27 EGBGB unterliegt der
Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Diese Vorschrift kommt im
vorliegenden Zusammenhang offenkundig nicht zur Anwendung. Der Kläger hat
mit dem verklagten baugewerblichen Unternehmen im Ausland regelmäßig keine
Absprache über das anwendbare Recht getroffen.
Gemäß § 28 EGBGB besteht der
Grundsatz der objektiven Schwerpunkt Anknüpfung. Falls die Parteien das
anzuwendende Recht nicht nach Art. 27 EGBGB vereinbart haben, unterliegt der
Vertrag dem Recht des Staates,
mit dem er die engsten Verbindungen
aufweist. Läßt sich jedoch ein Teil des Vertrages von dem Rest des Vertrages
trennen und weist dieser Teil eine engere Verbindung mit einem anderen Staat
auf, so kann auf ihn ausnahmsweise das Recht dieses anderen Staates
angewandt werden. Gemäß Art. 28 Abs. 2 EGBGB wird vermutet, daß der Vertrag
die engsten Verbindungen mit dem Staat aufweist, in dem die Partei, welche
die charakteristische Leistung zu erbringen hat, im Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder, wenn es sich um
eine Gesellschaft, einen Verein oder eine juristische Person handelt, ihre
Hauptverwaltung hat. Ist der Vertrag jedoch in Ausübung einer beruflichen
oder gewerblichen Tätigkeit dieser Partei geschlossen worden, so wird
vermutet, daß er die engsten Verbindungen zu dem Staat aufweist, in dem sich
deren Hauptniederlassung befindet oder in dem, wenn die Leistung nach dem
Vertrag von einer anderen als der Hauptniederlassung zu erbringen ist, sich
die andere Niederlassung befindet. Dieser Absatz ist jedoch nicht
anzuwenden, wenn sich die charakteristische Leistung nicht bestimmen läßt.
Die Ansprüche des Klägers gegenüber
dem Beklagten weisen die engsten Verbindungen zu Deutschland auf. Es käme
daher, die vertragliche Natur der klägerischen Ansprüche unterstellt,
deutsches Recht zur Anwendung.
Die Ansprüche des Klägers beruhen
nämlich über das AEntG auf deutschen allgemeinverbindlichen Tarifverträgen.
Diese sind gerade dafür gemacht, die Wettbewerbsfähigkeit deutscher
Bauunternehmen gegenüber ausländischen zu verbessern. Ausländische
Bauunternehmen werden nur deshalb vom Kläger zu Beitragszahlungen
herangezogen, weil sie in Deutschland aktiv werden. Die Tätigkeit dieser
Unternehmen in ihrem Heimatland oder in anderen Ländern ist für die
Verpflichtung aus den zitierten Tarifverträgen ohne Belang. Dies ergibt sich
deutlich aus § 1 Abs. 4 AEntG, in dem für die Zuordnung zum betrieblichen
Geltungsbereich der fraglichen Tarifverträge allein die von dem
ausländischen Arbeitgeber in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer in ihrer
Gesamtheit als Betrieb gelten. Damit ist auch die Vermutung entkräftet, mit
der Art. 28 Abs. 2 EGBGB arbeitet. Im vorliegenden Fall sollen die
Verpflichtungen der ausländischen baugewerblichen Unternehmer gerade keine
besondere Verbindung zu ihrem Heimatland haben. Dem AEntG ist es
gleichgültig, aus welchem Land die baugewerblichen Unternehmer kommen, die
ihre Leistung auf dem deutschen Markt anbieten. § 57 Abs. 3 des
allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im
Baugewerbe vom 12.11.1986 in der Fassung vom 18.12.1996 (VTV) will
dementsprechend das Urlaubskassenverfahren auch deutschem Recht
unterstellen.
Dieses Ergebnis wird gestützt durch
die folgenden Erwägungen zu Art. 34 EGBGB. Danach berühren die zitierten
Vorschriften des deutschen internationalen Privatrechts nicht die Anwendung
der Bestimmungen des deutschen Rechts, die ohne Rücksicht auf das auf den
Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln. Diese Vorschrift
gilt für jede Art von schuldrechtlichen Verträgen. Anerkannt ist auch, daß
Art. 34 EGBGB im arbeitsrechtlichen Zusammenhang nicht nur Schutzvorschrift
zugunsten des Arbeitnehmers ist. Vielmehr geht es auch um Regeln, die in
erster Linie der Durchsetzung öffentlicher Interessen staats- oder
wirtschaftspolitischer Art dienen. Art. 34 EGBGB greift daher immer dann
ein, wenn ordnungspolitische Interessen der Bundesrepublik Deutschland die
Geltung einer bestimmten zwingenden Vorschrift unabhängig vom Vertragsstatut
erfordern (Kretz, a.a.O., Teil B Randziffer 7 m.w.N.).
Im einzelnen ist es umstritten,
welche deutschen Vorschriften zwingenden Charakter im Sinne des
internationalen Privatrechts haben. Der Streit kann hier jedoch dahinstehen.
Zur Untermauerung des oben gefundenen Ergebnisses reicht es aus
festzustellen, daß das (deutsche) AENTG selbst festlegt, daß den in § 1
AEntG genannten Arbeitsbedingungen zwingender Charakter im Sinne des Art. 34
EGBGB zukommen soll (vgl. Kretz, a.a.O., Teil B Randziffer 10;
Arbeitnehmerentsendegesetz, Gesetzestext und Materialien, S. 32).
Die lex causae, nach der gemäß der
Rechtsprechung des EuGH für die Bestimmung des zuständigkeitsbegründenden
Erfüllungsortes im Sinne von Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Abkommens
abzustellen wäre, ergäbe im vorliegenden Fall also die Anwendung deutschen
Rechts, konkret des § 269 Abs. 1 BGB. Danach liegt der Erfüllungsort
grundsätzlich am Wohnsitz/Sitz des Schuldners, mithin im vorliegenden
Zusammenhang regelmäßig im Ausland.
Es gibt auch keine wirksamen
Vereinbarungen der Parteien über einen Erfüllungsort in Deutschland.
Solche Vereinbarungen über den
Erfüllungsort können auch eine Zuständigkeit im Sinne von Art. 5 Nr. 1 des
Brüsseler Abkommens begründen. Dabei kommt es nur darauf an, ob die
maßgebliche lex causae solche Vereinbarungen zuläßt. Auf die für
Gerichtsstandsvereinbarungen in Art. 17 des Brüsseler Abkommens
vorgeschriebene Form kommt es dabei nicht an (EuGH, IPRax 1981, 89; Geimer/Schütze,
a.a.O., Art. 5 Randziffer 81; MüKO ZPO 1992/Gottwald, a.a.O., Art. 5
Randziffer 15; Kropholler, a.a.O., Art. 5 Randziffer 22 m.w.N.). Wie oben
festgestellt, verweist das deutsche IPR auf das deutsche Recht als lex
causae. Aus § 269 Abs. 1 BGB folgt, daß der Leistungsort in erster Linie der
Bestimmung der Parteien unterliegt. Erforderlich ist eine Vereinbarung der
Parteien, die ausdrücklich oder stillschweigend getroffen werden kann. Im
vorliegenden Fall ist eine unmittelbare Vereinbarung zwischen dem Kläger und
dem verklagten ausländischen Bauunternehmen nicht zu finden. Bei dem für
allgemeinverbindlich erklärten § 57 des VTV vom 12.11.1986 in der Fassung
des Tarifvertrages vom 18.12.1996 handelt es sich auch nicht um eine
Vereinbarung über den Erfüllungsort. Dort heißt es zwar:
Erfüllungsort und Gerichtsstand für
Ansprüche der ULAK gegen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie für deren
Ansprüche gegen die ULAK ist WIESBADEN.
Diese Vereinbarung ist jedoch von
den Tarifvertragsparteien der deutschen Bauwirtschaft geschlossen worden.
Sie ist somit keine Vereinbarung der Prozeßparteien im Sinne von § 269 Abs.
1 BGB. Ihre Erstreckung auf Streitigkeiten von Arbeitgebern und
Arbeitnehmern des Baugewerbes sowie des Klägers ergibt sich auch nicht aus §
48 Abs. 2 ARBGG. Dort ist festgehalten, daß die Tarifvertragsparteien im
Tarifvertrag die Zuständigkeit eines an sich örtlich unzuständigen
Arbeitsgerichts festlegen können für u.a. bürgerliche Rechtsstreitigkeiten
aus dem Verhältnis einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien
zu den Arbeitnehmern oder Arbeitgebern. Bereits der Text dieser Vorschrift
zeigt, daß die Tarif Vertragsparteien in Tarifverträgen nur über die
örtliche Zuständigkeit und damit den Gerichtsstand befinden können, nicht
aber über den Erfüllungsort. Dies ergibt sich zusätzlich auch aus dem
letzten Satz des § 48 Abs. 2 ARBGG, wenn dort festgehalten ist, daß die in §
38 Abs. 2 und 3 der ZPO vorgesehenen Beschränkungen keine Anwendung finden.
Auch in § 38 Abs. 2 und 3 ist ausschließlich von
Gerichtsstandsvereinbarungen, nicht aber von Vereinbarungen über den
Erfüllungsort die Rede. Andere ''Ermächtigungsgrundlagen" für Vereinbarungen
der Tarifvertragsparteien in Bezug auf den Erfüllungsort für
tarifvertragliche Leistungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern oder
gemeinsamen Einrichtungen und diesen sind nicht ersichtlich. Das bedeutet,
daß § 57 VTV insoweit unwirksam ist, als er WIESBADEN auch als Erfüllungsort
von Ansprüchen des Klägers gegenüber Arbeitgebern der Bauwirtschaft wie auch
von Ansprüchen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern der Bauwirtschaft gegen
den Kläger vorsieht. Die Erwähnung des Erfüllungsortes in der zitierten
Tarifklausel muß als redaktionelle Nachlässigkeit betrachtet werden.
Vielfach hat die Vereinbarung eines Erfüllungsortes nur den Zweck, den
Gerichtsstand zu bestimmen. Derart ''abstrakte" Erfüllungsortvereinbarungen
sind für den Leistungsort im Sinne des § 269 ohne Bedeutung (BGH WM 95, 859;
Palandt, BGB, 56. Aufl. 1997, § 269 Randziffer 9; Kropholler, a.a.O., Art. 5
Randziffer 23 unter Verweis auf eine dem EuGH z. Zt. vorliegende Sache, Az.
106/95, Vorlage durch BGH, u.a. in RIW 95, 410).
Somit bleibt im Rahmen der
angestellten Hilfserwägung festzuhalten, daß auch bei unterstellt
vertraglicher Natur
des klägerischen Begehrens eine
internationale Zuständigkeit des erkennenden Gerichts nicht begründet wäre.
Die internationale Zuständigkeit des
Arbeitsgerichts WIESBADEN ergibt sich auch nicht aus Art. 5 Nr. 3 des
Brüsseler Abkommens. Danach kann
eine Person in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden,
''wenn eine unerlaubte Handlung oder
eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn
Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden,
vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten
ist".
Den Begriff der unerlaubten Handlung
im Sinne dieser Vorschrift bestimmt der EuGH vertragsautonom, d. h.
losgelöst von nationalen Definitionen und auch unabhängig von der lex fori
des Gerichtsstaates oder der lex causae. Der Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 3
des Brüsseler Abkommens bezieht sich auf alle Klagen, mit denen eine
Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen
Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Abkommens anknüpfen (EuGH
NJW 88, 3088; MüKO ZPO 1992/Gottwald, a.a.O., Art. 5 Rn 26; Geimer/ Schütze,
a.a.O., Art. 5 Rn 146 m.w.N.; Baumbach/Albers, a.a.O., Art. 5 EuGVÜ
Randziffer 1; Kropholler, a.a.O., Art. 5 Randziffer 49). Der Begriff der
unerlaubten Handlung ist weit auszulegen (BGH NJW 88, 1467; BGH NJW 85,
561). Weder rechtswidrige noch schuldhafte Verstöße sind notwendig. Hierauf
weist schon die Wendung in Art. 5 Nr. 3 hin, wonach Handlungen ausreichen,
"die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt" sind. In Betracht kommen
alle Eingriffe in subjektive Rechte, rechtliche Interessen und
Vermögenspositionen, wie z. B. bei unlauterem Wettbewerb (BGH NJW 88, 1466;
OLG München NJW-RR 94, 190), Schäden aufgrund fehlerhafter Produkte, Schäden
aufgrund von Kartellverstößen und auch Haftungsklagen wegen Verletzung von
Schutzgesetzen, z. B. lebensmittelrechtlicher Vorschriften (BGH NJW 87,
592), ebenso Klagen, die einen allgemeinen Vermögensschaden geltend machen,
z. B. nach § 826 BGB (Kiethe, NJW 94, 222 und allgemein zum
Anwendungsbereich des Art 5. Nr. 3 Geimer/Schütze, a.a.O., Art,. 5
Randziffer 147 ff. m.w.N. und Kropholler, a.a.O., Art. 5 Randziffer 50
ff.).
Die Grenze bilden vertragliche
Beziehungen. Zur Abgrenzung stellt der EuGH darauf ab, ob die Pflichten, aus
deren Verletzung der deliktische Schadenersatzanspruch hergeleitet wird, in
einem so engen Zusammenhang mit einem Vertrag stehen, daß dieses
vertragliche Element ganz im Vordergrund steht und auch den Charakter des
deliktischen Rechtsverhältnisses ganz entscheidend prägt. In solchen Fällen
ist Art. 5 Nr. 3 unanwendbar (EuGH
NJW 88, 3088).
Wollte man sich der o.a.
Hilfserwägung anschließen, wonach das Begehren des Klägers vertraglicher
Natur wäre, könnte allein deshalb hier das Vorliegen eines deliktischen
Gerichtsstandes abgelehnt werden.
Aber auch die vom Gericht vertretene
Ansicht, daß das Begehren des Klägers nicht in einem Vertrag wurzelt, führt
nicht zur Begründung eines internationalen deliktischen Gerichtsstandes.
Die Nichterfüllung der
tarifvertraglichen Verpflichtungen durch ausländische baugewerbliche
Unternehmer ist nämlich keine unerlaubte Handlung oder eine solche, die
einer unerlaubten Handlung gleichsteht. Das Arbeitnehmerentsendegesetz
entfaltet insoweit insbesondere keine Schutzwirkung zugunsten des Klägers
und ist damit kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.
Den Schutz eines anderen bezweckt
eine Rechtsnorm, wenn sie, sei es auch nur neben dem Schutz der
Allgemeinheit, gerade dazu dienen soll, den einzelnen oder einzelne
Personenkreise gegen Verletzung eines Rechtsguts zu schützen (vgl. Palandt,
a.a.O., § 823 Randziffer 141 m.w.N.). Zwar begehen gemäß § 5 AEntG
ausländische baugewerbliche Arbeitgeber, die ihren Verpflichtungen nach dem
AENTG nicht nachkommen, eine
Ordnungswidrigkeit, die mit
Geldbußen bis zu 30.000,00 DM bzw. 100.000,.00 DM (§ 5 Abs. 3 AEntG)
geahndet werden kann. Diesen Gedanken nehmen die Kommentierungen von Kretz (a.a.O.,
Teil C Ziffer 106) und von Koberski/Sahl/Hold (a.a.O., § 1 Randziffer 267)
in Anknüpfung an Däubler (DB 95, 730) auf. Sie vertreten die Auffassung, das
AENTG und die es ausführenden allgemeinverbindlichen Tarifverträge dienten
auch dazu, die Arbeitsbedingungen der ins Bundesgebiet entsandten
ausländischen Arbeitnehmer zu sichern. Diese könnten sich bei Nichterfüllung
ihrer Ansprüche nach dem AEntG somit auf Art. 5 Nr. 3 des Brüsseler
Abkommens berufen und ihren Arbeitgeber in der Bundesrepublik Deutschland
verklagen. Diese Autoren sehen das AENTG und die es ausführenden
Tarifverträge aber nur als Schutzgesetz zugunsten der entsandten
ausländischen Arbeitnehmer. Eine Schutzwirkung zugunsten des Klägers für die
hier fraglichen Auskunfts- und Beitragsklagen wird nicht behauptet.
Sie ergibt sich auch nicht aus der
Schutzrichtung der Regelungen des AEntG. Diese kann der
Entstehungsgeschichte und den Gesetzesmaterialien entnommen werden. Aus
ihnen geht deutlich hervor, daß das AEntG jedenfalls nicht zum Schutz des
Klägers vor Vermögensschäden gemacht wurde.
Gegen die Entscheidung ist
Berufung beim Hessischen Landesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 10 Sa
2257/97 eingelegt.
§ 9
Dieses Gesetz tritt am 1. März 1996
in Kraft.
C.
Umsatzsteuerabzugsverfahren bei Auslandsberührung
Verschärfte Markt- und
Wettbewerbsbedingungen zwingen dazu die Kosten zu reduzieren. Der erste
Schritt ist häufig die Freisetzung eigener gewerblicher Mitarbeiter, der
zweite die Umstellung auf die Beschäftigung von Subunternehmern und der
dritte die Beschäftigung ausländischer Subunternehmer. Deren Vorteile
liegen vor allem auf der Kostenseite. Deutsche Auftraggeber müssen
allerdings insoweit die steuerrechtlichen Besonderheiten beachten. Deren
Mißachtung zieht strenge Sanktionen nach sich. Der Gesetzgeber hat den
deutschen Bauunternehmen bei Zahlungen an ausländische Subunternehmer nicht
nur die Einhaltung der tariflichen Mindestbedingungen auferlegt.
Insbesondere bei der Umsatzsteuer ist Vorsicht geboten. Die Nichtbeachtung
der deutschen Steuervorschriften kann in die Haftung für die Steuerschulden
des Steuerausländers führen.
I. Umsatzsteuer-Abzugsverfahren
Im grenzüberschreitenden
Leistungsverkehr ist das Umsatzsteuer-Abzugsverfahrens (USt-Abzugsverfahren)
nach den §§ 51 bis 56 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) zwingend
zu beachten. Die Verpflichtung bedeutet für den deutschen Auftraggeber
(Leistungsempfänger): Es müssen die vom ausländischen Subunternehmer
(Leistenden) in Rechnung gestellte Umsatzsteuer berechnet, einbehalten und
an das für den deutschen Auftraggeber zuständige Finanzamt abgeführt werden,
wenn der Leistende ein im Ausland ansässiger Unternehmer ist und
steuerpflichtige Werklieferungen oder steuerpflichtige sonstige Leistungen
erbracht hat (§ 51 Absatz 1 Nummer 1 UStDV). Die Vorschrift gilt für alle
ausländischen Subunternehmer (EU- und Nicht-EU-Staaten).
II. Anwendungsbereich
1. Als Leistungsempfänger sind im
Inland ansässige Auftraggeber verpflichtet, Umsatzsteuer einzubehalten und
abzuführen, wenn sie Unternehmer oder juristische Person des
öffentlichen Rechts sind (§ 51 Absatz 2 UStDV). Auch Kleinunternehmer
und Unternehmer, die ausschließlich steuerfreie Umsätze tätigen, müssen das
USt-Abzugsverfahren anwenden. Allein zu diesem Zweck müssen sie eine
Steuernummer bei ihrem Finanzamt beantragen, unter der sie dann die
Umsteuervoranmeldungen einzureichen haben.
2. Die Vorschriften des
USt-Abzugsverfahrens müssen im Inland ansässige Auftraggeber nur beachten,
wenn der Subunternehmer ein im Ausland ansässiger Unternehmer ist. Im
Ausland ansässig ist ein Unternehmer, der weder im Inland noch auf der Insel
Helgoland und in den Freihäfen Deutschlands einen Wohnsitz, seinen Sitz,
seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat (§ 51 Absatz 3 UStDV).
3. Die Bestimmungen des
USt-Abzugsverfahrens sind nur dann zwingend anzuwenden, wenn der im Ausland
ansässige Unternehmer steuerpflichtige Werklieferungen (§ 3 Absatz 4
Umsatzsteuergesetz [UStG]) oder steuerpflichtige sonstige Leistungen (§ 3
Absatz 9 UStG) für einen deutschen Auftraggeber ausführt (§ 51 Absatz 1
Nummer 1 UStDV).
IV. Sanktion
Doppelte Umsatzsteuerzahlungen
drohen, wenn es rechtswidrig unterlassen wird, die Umsatzsteuer
einzubehalten und an das zuständige Finanzamt abzuführen. Das Finanzamt kann
dann den inländischen Auftraggeber für den möglichen Steuerausfall in
Haftung nehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil
vom 25.5.1990, Az: V R 167/84, Umsatzsteuer-Rundschau 1990, S. 320) ist das
USt-Abzugsverfahren auch anzuwenden, wenn Zweifel an der inländischen
Ansässigkeit des Subunternehmers bestehen oder bestehen hätten müssen.
V. Haftungsvermeidung
Um die Haftung auf die Umsatzsteuer
zu vermeiden, kann folgendes unternommen werden:
Der Auftraggeber sollte die
Einbehaltung und Abführung der Umsatzsteuer nur unterlassen, wenn der
ausländische Subunternehmer eine Ansässigkeitsbescheinigung des für ihn in
Deutschland zuständigen Finanzamts vorlegt (§ 51 Absatz 3 Satz 3 UStDV und
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.6.1986, Az: X K 230/84, EFG
1987, 47).
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