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Juristisches Internet Journal
Herausgeber: Dr.Hök/Prehm
Euro-Flag 14. Jahrgang Berlin September 2023

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Die Änderungen des Fernabsatzgesetzes (FernAbsG) gelten 
insbsondere für Unternehmer im E-Commerce
 
 

Beitrag von Ref. Wiebke Jungjohann
Und Rechtsanwalt Tim Geißler

***

Das Internet erfreut sich einer immer größer werdenden Beliebtheit. Auch im privaten Bereich wird es immer häufiger genutzt. Insbesondere der Kauf von allen erdenklichen Waren über das Internet, der Online - Handel, aber auch das Telefonmarketing und der Versandhandel können von immer mehr Verbrauchern genutzt werden. Damit werden diese Vertriebsformen auch für immer mehr Anbieter interessanter. Insgesamt werden daher immer mehr Verträge abgeschlossen, die nur unter Berücksichtigung bestimmter Verbraucherschutzvorschriften wirksam zustande kommen. 
Dieser Entwicklung wurde durch den Erlaß der EU – Richtlinie 97/7/EG Rechnung getragen.
Innerhalb der Umsetzung dieser Richtlinie wurde unter anderem auch das Fernabsatzgesetz (FernAbsG) geändert und vom Bundestag am 13.04.2000 in seiner neuen Fassung verabschiedet.
Diese neue Fassung des Gesetzes beinhaltet für den Verbraucher viele Vorteile und dür den E-Commerce-Unternehmer einige (organisatorische) Nachteile; so wird insbesondere eine umfassendere Informations- bzw. Belehrungspflicht des Unternehmers eingeführt und dem Verbraucher eine längere Widerrufsfrist zugestanden. Auch sind durch die umfassenden Gesetzesausnahmen entstehende Rechtsunsicherheiten zu befürchten.
Dem gegenüber steht jedoch die Hoffnung, daß durch die erweiterten Schutzvorschriften zugunsten der Verbraucher diese ein stärkeres Vertrauen in den E-commerce gewinnen. Dies würde sich letztendlich positiv auf den Umsatz der Unternehmer auswirken.
 

Findet das FernAbsG auf mich Anwendung?
Der Anwendungsbereich des Fernabsatzgesetz richtet sich nach den Kommunikationsmitteln, die verwendet wurden, um den Vertrag abzuschließen.
Wesentlich ist hierbei, daß der Vertrag ohne jeglichen persönlichen Kontakt, d.h. unter ausschließlicher Zuhilfenahme von Fernkommunikationsmitteln geschlossen werden muß. Bei Fernkommunikationsmitteln ist das wesentliche Merkmal, dass sie den Vertragschluß unter Abwesenden ermöglichen.

In Betracht kommt hierbei insbesondere die folgenden Verkaufsformen:

- der Online - Handel, 
- Teleshopping, 
- Telefonmarketing 
- oder auch der Versandhandel.

Jedoch greift das Gesetz nur bei dem „organisierten Fernabsatz“: 
nicht ausreichend ist daher, wenn ein Unternehmer ausnahmsweise mal einen Vertrag durch Kommunikationsmittel  abschließt.
Desweiteren  macht  das Gesetz selbst Ausnahmen: 
Gemäß § 1 III FernAbsG soll keine Anwendung bei Verträgen 

- über Fernunterricht, 
- über die Teilzeitnutzung von Wohngebäuden, 
- über Finanzgeschäfte, 
- über die Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, 
- über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränke oder sonstige Haushaltsgegenstände des täglichen Bedarfs und 
- über Erbringung von Dienstleistungen bestimmter Art erfolgen.

Ebenfalls ist eine Anwendung ausgeschlossen, wenn es sich um Verträge handelt, die unter Verwendung von Warenautomaten oder automatisierter Geschäftsräume oder die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln aufgrund der Benutzung von öffentlichen Fernsprechern, soweit sie deren Benutzung zum Gegenstand haben, geschlossen werden.

Prägend für den Anwendungsbereich dieses Gesetzes ist, dass sich die Vertragsparteien in einem ungleichgewichtigen Verhältnis befinden. 
Da es sich bei dem FernAbsG um ein verbraucherschützendes Gesetz handelt soll es auch nur Anwendung finden, wenn ein Unternehmer einem Verbraucher gegenübersteht.

Die Definitionen zu diesen beiden Begriffen sind nun in den Allgemeinen Teil des BGB aufgenommen worden. 
Verbraucher nach § 13 BGB
Gemäß § 13 BGB handelt es sich um einen Verbraucher bei einer natürlichen Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. 
Unternehmer nach § 14 BGB
In § 14 BGB wird der Unternehmer als eine natürliche oder juristische Person definiert, die bei Abschluß eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt, also der Kaufmann, der nichtkaufmännischen Gewerbetreibende oder der Freiberufler. 
Das  FernAbsG findet somit keine Anwendung, wenn zwei Privatleute einen Vertrag mit Hilfe von Fernkommunikationsmitteln schließen. Ebensowenig, wenn der Vertrag „B2B“, also unter Kaufleuten zu nicht privaten Zwecken abgeschlossen wurde. 

II. Was muß ich als Unternehmer beachten?
Durch die Änderungen wurde der Schutz der Verbraucher erhöht. Damit steigen die Anforderungen, die an die Unternehmer gestellt werden, drastisch und automatisch.

1. Informationspflicht des Unternehmers
Die erste wesentliche Neuerung betrifft gemäß § 2 FernAbsG die Informationspflicht des Unternehmers:
Diese wurde zugunsten des Verbrauchers erweitert und umfaßt nun deutlich mehr Kriterien. Der Verbraucher muß noch bei der Fernkommunikation rechtzeitig vor Vertragsschluß informiert werden; ihm sind die Informationen spätestens bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrages, bei Waren spätestens bei Lieferung auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. 

2. Dauerhafter Datenträger
Was unter einem dauerhaften Datenträger zu verstehen ist, gibt das Gesetz in § 361 III BGB selbst vor. Danach handelt es sich um eine Urkunde oder ein anderes Medium, das es erlaubt, Informationen für eine ausreichende Zeit in immer wieder gleicher Form zu lesen.  Es ist somit auch möglich, die erforderlichen Informationen auf einer CD - ROM zu übersenden, wenn der konkrete Empfänger über ein Dateiformat verfügt, das ihm die Wiedergabe in lesbaren Schriftzeichen erlaubt.
Problematisch gestaltete sich dagegen noch die körperlose Übersendung von Informationen, insbesondere wenn die Übertragung durch E-mails oder durch das www erfolgen soll.
WICHTIG!
Unstreitig ist es nicht ausreichend, wenn die Informationen lediglich im Internet zum downloading bereitgehalten werden, denn hier ist eine nachträgliche Veränderung möglich, wenn der Verbraucher nicht zu Beginn tatsächlich herunterlädt.
Jedoch ist die Möglichkeit einer unveränderten Wiedergabe bei dem Versenden einer E-mail dann gegeben, wenn die Mail in dem Briefkasten des Verbrauchers gelandet ist und mir Kenntnisnahme gerechnet werden kann. Der Unternehmer kann ab diesem Zeitpunkt nicht mehr auf den Inhalt der E-mail zugreifen und ihn verändern und auch nach den allgemeinen Regeln sind alle Voraussetzungen des Zugangs gegeben. 

3. Inhalt der Informationspflicht
Jedoch muß sich der Unternehmer nicht nur über die Art und Weise der Bereitsstellung oder Versendung der Informationen Gedanken machen; auch inhaltlich müssen die Angaben den gesetzlichen Ansprüchen genügen.
Seine Informationspflichten beziehen sich im Einzelnen auf:
- seine Identität und Anschrift
- wesentliche Merkmale des Vertragsgegenstandes 
- den Zeitpunkt des Zustandekommen des Vertrages
- ggf. die Mindestlaufzeit des Vertrages
- ggf. den Vorbehalt, eine gleichwertige Leistung zu erbringen
- ggf. den Vorbehalt, die Leistung im Falle der Nichtverfügbarkeit nicht zu erbringen
- den Preis der Ware oder Dienstleistung und ggf. Liefer- und Versandkosten
- Zahlungs- und Liefermodalitäten
- Das Widerrufs- oder Rückgaberecht
- Die Gültigkeitsdauer befristeter Angebote
Den Beweis für den Informationsinhalt  und –zugang trifft gemäß § 361a III 2 BGB den Unternehmer.
Daher erscheint es ratsam, auch wenn das Gesetz dies nicht vorschreibt, sich den Erhalt der Informationen, die ja auch unter anderen das Widerrufsrecht des Bestellers umfassen, von dem Verbraucher quittieren zu lassen.

4. Widerrufsrecht und Rückgaberecht
Jedoch beschränken sich die Neuerungen nicht nur auf einen erweiterte Informationspflicht des Unternehmers.  Auch das Rückgabe- bzw. Widerruftsrecht sind zugunsten des Bestellers geändert worden.
Das Widerrufsrecht steht dem Besteller grundsätzlich zu. Er kann den geschlossenen Vertrag gemäß der §§ 361a, 361b BGB innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Der Vertrag ist innerhalb dieser Zeit jedoch wirksam, daß heißt der Besteller kann bereits innerhalb der Frist Erfüllungsansprüche geltend machen und die Übersendung der Ware bzw. Erbringung der Dienstleistung verlangen. Wenn er widerrufen sollte, hätte dies zur Folge, daß der Vertrag nachträglich, also rückwirkend auf den Zeitpunkt seines Abschlusses  unwirksam werden würde.
Diese Frist beginnt gemäß § 3 I 2 FernAbsG nicht bereits mit der Aushändigung der Widerrufsbelehrung, sondern vielmehr mit der Aushändigung der Informationen und der Lieferung der Waren, wenn eine Warenlieferung Gegenstand des Vertrages ist. 
Der Unternehmer hat jedoch auch die Möglichkeit, bei Verträgen über die Lieferung von Waren anstelle des Widerrufsrechts ein Rückgaberecht zu vereinbaren.

5. Rücksendepflicht des Käufers und Kostentragungspflicht des Verkäufers
Weiterhin wurde neu eingeführt, daß der Verbraucher zur Rücksendung verpflichtet ist, da vom Unternehmer nicht mehr verlangt werden kann, die Sache beim Kunden abzuholen. 
Im Gegenzug dazu hat jedoch der Unternehmer laut § 361a II 3 BGB die Kosten der Rücksendung zu übernehmen, ohne andere mögliche Vereinbarung bei Bestellwerten bis zu 40 €, und er muß die Transportgefahr übernehmen.
 

Was passiert bei einem Verstoß gegen die Infopflichten? Verlängerte Widerrufsfris!
Wenn der Unternehmer nicht ordnungsgemäß informiert, hat dies zu Folge, daß die Widerrufsfrist nicht beginnt zu laufen.
Das bedeutet zunächst für den Unternehmer, daß er innerhalb eines deutlich längeren Zeitraumes mit dem Widerruf und damit der nachträglichen Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrages rechnen muß.
Da bei einer fehlerhaften oder unterbliebenen Belehrung ein reduzierter Haftungsmaßstab gilt, nach dem der Verbraucher nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet, kann dies den Unternehmer zweifach belasten:
Zunächst befindet er sich über einen langen Zeitraum in Unklarheit darüber, ob der Vertrag wirksam bleibt oder nicht. Zum zweiten bekommt der Unternehmer, wenn der Verbraucher wirksam widerruft und die Sache durch Fahrlässigkeit beim ihm untergegangen oder verschlechtert worden ist, weder den Kaufpreis, noch die Sache selbst zurück.
Jedoch ist der Widerruf auch bei einer fehlenden oder fehlerhaften Belehrung nicht unbegrenzt möglich.
Das Widerrufsrecht erlischt spätestens gemäß § 3 I 3 FernAbsG vier Monate nach Eingang der Ware bei dem Verbraucher bzw. bei Verträgen über Dienstleistungen vier Monate nach Vertragsschluß. Falls bei einer Dienstleistung mit dem Einverständnis des Verbrauchers vor Ablauf der Widerrufsfrist geleistet wird, so erlischt das Widerrufsrecht unmittelbar bei Beginn der Dienstleistung.

Rechtsanwälte Panke und Partner Wuppertal, Rechtsanwalt Tim Geißler, 20.10.2000

Tim Geißler
Rechtsanwalt
Panke und Partner
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