Die
Änderungen des Fernabsatzgesetzes (FernAbsG) gelten
insbsondere für Unternehmer im
E-Commerce
Beitrag von Ref. Wiebke Jungjohann
Und Rechtsanwalt Tim Geißler
***
Das Internet erfreut sich einer immer
größer werdenden Beliebtheit. Auch im privaten Bereich wird es immer häufiger
genutzt. Insbesondere der Kauf von allen erdenklichen Waren über das Internet,
der Online - Handel, aber auch das Telefonmarketing und der Versandhandel
können von immer mehr Verbrauchern genutzt werden. Damit werden diese
Vertriebsformen auch für immer mehr Anbieter interessanter. Insgesamt werden
daher immer mehr Verträge abgeschlossen, die nur unter Berücksichtigung
bestimmter Verbraucherschutzvorschriften wirksam zustande kommen.
Dieser Entwicklung wurde durch den Erlaß der EU – Richtlinie 97/7/EG Rechnung
getragen.
Innerhalb der Umsetzung dieser Richtlinie wurde unter anderem auch das
Fernabsatzgesetz (FernAbsG) geändert und vom Bundestag am 13.04.2000 in seiner
neuen Fassung verabschiedet.
Diese neue Fassung des Gesetzes beinhaltet für den Verbraucher viele Vorteile
und dür den E-Commerce-Unternehmer einige (organisatorische) Nachteile; so
wird insbesondere eine umfassendere Informations- bzw. Belehrungspflicht des
Unternehmers eingeführt und dem Verbraucher eine längere Widerrufsfrist
zugestanden. Auch sind durch die umfassenden Gesetzesausnahmen entstehende
Rechtsunsicherheiten zu befürchten.
Dem gegenüber steht jedoch die Hoffnung, daß durch die erweiterten
Schutzvorschriften zugunsten der Verbraucher diese ein stärkeres Vertrauen in
den E-commerce gewinnen. Dies würde sich letztendlich positiv auf den Umsatz
der Unternehmer auswirken.
Findet das FernAbsG auf mich
Anwendung?
Der Anwendungsbereich des Fernabsatzgesetz richtet sich nach den
Kommunikationsmitteln, die verwendet wurden, um den Vertrag abzuschließen.
Wesentlich ist hierbei, daß der Vertrag ohne jeglichen persönlichen Kontakt,
d.h. unter ausschließlicher Zuhilfenahme von Fernkommunikationsmitteln
geschlossen werden muß. Bei Fernkommunikationsmitteln ist das wesentliche
Merkmal, dass sie den Vertragschluß unter Abwesenden ermöglichen.
In Betracht kommt hierbei insbesondere
die folgenden Verkaufsformen:
- der Online - Handel,
- Teleshopping,
- Telefonmarketing
- oder auch der Versandhandel.
Jedoch greift das Gesetz nur bei dem
„organisierten Fernabsatz“:
nicht ausreichend ist daher, wenn ein Unternehmer ausnahmsweise mal einen
Vertrag durch Kommunikationsmittel abschließt.
Desweiteren macht das Gesetz selbst Ausnahmen:
Gemäß § 1 III FernAbsG soll keine Anwendung bei Verträgen
- über Fernunterricht,
- über die Teilzeitnutzung von Wohngebäuden,
- über Finanzgeschäfte,
- über die Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten,
- über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränke oder sonstige
Haushaltsgegenstände des täglichen Bedarfs und
- über Erbringung von Dienstleistungen bestimmter Art erfolgen.
Ebenfalls ist eine Anwendung
ausgeschlossen, wenn es sich um Verträge handelt, die unter Verwendung von
Warenautomaten oder automatisierter Geschäftsräume oder die mit Betreibern von
Telekommunikationsmitteln aufgrund der Benutzung von öffentlichen
Fernsprechern, soweit sie deren Benutzung zum Gegenstand haben, geschlossen
werden.
Prägend für den Anwendungsbereich
dieses Gesetzes ist, dass sich die Vertragsparteien in einem
ungleichgewichtigen Verhältnis befinden.
Da es sich bei dem FernAbsG um ein verbraucherschützendes Gesetz handelt soll
es auch nur Anwendung finden, wenn ein Unternehmer einem Verbraucher
gegenübersteht.
Die Definitionen zu diesen beiden
Begriffen sind nun in den Allgemeinen Teil des BGB aufgenommen worden.
Verbraucher nach § 13 BGB
Gemäß § 13 BGB handelt es sich um einen Verbraucher bei einer natürlichen
Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer
gewerblichen noch einer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden
kann.
Unternehmer nach § 14 BGB
In § 14 BGB wird der Unternehmer als eine natürliche oder juristische Person
definiert, die bei Abschluß eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer
gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt, also der
Kaufmann, der nichtkaufmännischen Gewerbetreibende oder der Freiberufler.
Das FernAbsG findet somit keine Anwendung, wenn zwei Privatleute einen
Vertrag mit Hilfe von Fernkommunikationsmitteln schließen. Ebensowenig, wenn
der Vertrag „B2B“, also unter Kaufleuten zu nicht privaten Zwecken
abgeschlossen wurde.
II. Was muß
ich als Unternehmer beachten?
Durch die Änderungen wurde der Schutz der Verbraucher erhöht. Damit steigen
die Anforderungen, die an die Unternehmer gestellt werden, drastisch und
automatisch.
1. Informationspflicht des
Unternehmers
Die erste wesentliche Neuerung betrifft gemäß § 2 FernAbsG die
Informationspflicht des Unternehmers:
Diese wurde zugunsten des Verbrauchers erweitert und umfaßt nun deutlich mehr
Kriterien. Der Verbraucher muß noch bei der Fernkommunikation rechtzeitig vor
Vertragsschluß informiert werden; ihm sind die Informationen spätestens bis
zur vollständigen Erfüllung des Vertrages, bei Waren spätestens bei Lieferung
auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen.
2. Dauerhafter Datenträger
Was unter einem dauerhaften Datenträger zu verstehen ist, gibt das Gesetz in §
361 III BGB selbst vor. Danach handelt es sich um eine Urkunde oder ein
anderes Medium, das es erlaubt, Informationen für eine ausreichende Zeit in
immer wieder gleicher Form zu lesen. Es ist somit auch möglich, die
erforderlichen Informationen auf einer CD - ROM zu übersenden, wenn der
konkrete Empfänger über ein Dateiformat verfügt, das ihm die Wiedergabe in
lesbaren Schriftzeichen erlaubt.
Problematisch gestaltete sich dagegen noch die körperlose Übersendung von
Informationen, insbesondere wenn die Übertragung durch E-mails oder durch das
www erfolgen soll.
WICHTIG!
Unstreitig ist es nicht ausreichend, wenn die Informationen lediglich im
Internet zum downloading bereitgehalten werden, denn hier ist eine
nachträgliche Veränderung möglich, wenn der Verbraucher nicht zu Beginn
tatsächlich herunterlädt.
Jedoch ist die Möglichkeit einer unveränderten Wiedergabe bei dem Versenden
einer E-mail dann gegeben, wenn die Mail in dem Briefkasten des Verbrauchers
gelandet ist und mir Kenntnisnahme gerechnet werden kann. Der Unternehmer kann
ab diesem Zeitpunkt nicht mehr auf den Inhalt der E-mail zugreifen und ihn
verändern und auch nach den allgemeinen Regeln sind alle Voraussetzungen des
Zugangs gegeben.
3. Inhalt der Informationspflicht
Jedoch muß sich der Unternehmer nicht nur über die Art und Weise der
Bereitsstellung oder Versendung der Informationen Gedanken machen; auch
inhaltlich müssen die Angaben den gesetzlichen Ansprüchen genügen.
Seine Informationspflichten beziehen sich im Einzelnen auf:
- seine Identität und Anschrift
- wesentliche Merkmale des Vertragsgegenstandes
- den Zeitpunkt des Zustandekommen des Vertrages
- ggf. die Mindestlaufzeit des Vertrages
- ggf. den Vorbehalt, eine gleichwertige Leistung zu erbringen
- ggf. den Vorbehalt, die Leistung im Falle der Nichtverfügbarkeit nicht zu
erbringen
- den Preis der Ware oder Dienstleistung und ggf. Liefer- und Versandkosten
- Zahlungs- und Liefermodalitäten
- Das Widerrufs- oder Rückgaberecht
- Die Gültigkeitsdauer befristeter Angebote
Den Beweis für den Informationsinhalt und –zugang trifft gemäß § 361a III 2
BGB den Unternehmer.
Daher erscheint es ratsam, auch wenn das Gesetz dies nicht vorschreibt, sich
den Erhalt der Informationen, die ja auch unter anderen das Widerrufsrecht des
Bestellers umfassen, von dem Verbraucher quittieren zu lassen.
4. Widerrufsrecht und Rückgaberecht
Jedoch beschränken sich die Neuerungen nicht nur auf einen erweiterte
Informationspflicht des Unternehmers. Auch das Rückgabe- bzw. Widerruftsrecht
sind zugunsten des Bestellers geändert worden.
Das Widerrufsrecht steht dem Besteller grundsätzlich zu. Er kann den
geschlossenen Vertrag gemäß der §§ 361a, 361b BGB innerhalb von zwei Wochen
ohne Angabe von Gründen widerrufen. Der Vertrag ist innerhalb dieser Zeit
jedoch wirksam, daß heißt der Besteller kann bereits innerhalb der Frist
Erfüllungsansprüche geltend machen und die Übersendung der Ware bzw.
Erbringung der Dienstleistung verlangen. Wenn er widerrufen sollte, hätte dies
zur Folge, daß der Vertrag nachträglich, also rückwirkend auf den Zeitpunkt
seines Abschlusses unwirksam werden würde.
Diese Frist beginnt gemäß § 3 I 2 FernAbsG nicht bereits mit der Aushändigung
der Widerrufsbelehrung, sondern vielmehr mit der Aushändigung der
Informationen und der Lieferung der Waren, wenn eine Warenlieferung Gegenstand
des Vertrages ist.
Der Unternehmer hat jedoch auch die Möglichkeit, bei Verträgen über die
Lieferung von Waren anstelle des Widerrufsrechts ein Rückgaberecht zu
vereinbaren.
5. Rücksendepflicht des Käufers und
Kostentragungspflicht des Verkäufers
Weiterhin wurde neu eingeführt, daß der Verbraucher zur Rücksendung
verpflichtet ist, da vom Unternehmer nicht mehr verlangt werden kann, die
Sache beim Kunden abzuholen.
Im Gegenzug dazu hat jedoch der Unternehmer laut § 361a II 3 BGB die Kosten
der Rücksendung zu übernehmen, ohne andere mögliche Vereinbarung bei
Bestellwerten bis zu 40 €, und er muß die Transportgefahr übernehmen.
Was passiert bei einem Verstoß gegen
die Infopflichten? Verlängerte Widerrufsfris!
Wenn der Unternehmer nicht ordnungsgemäß informiert, hat dies zu Folge, daß
die Widerrufsfrist nicht beginnt zu laufen.
Das bedeutet zunächst für den Unternehmer, daß er innerhalb eines deutlich
längeren Zeitraumes mit dem Widerruf und damit der nachträglichen
Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrages rechnen muß.
Da bei einer fehlerhaften oder unterbliebenen Belehrung ein reduzierter
Haftungsmaßstab gilt, nach dem der Verbraucher nur für Vorsatz und grobe
Fahrlässigkeit haftet, kann dies den Unternehmer zweifach belasten:
Zunächst befindet er sich über einen langen Zeitraum in Unklarheit darüber, ob
der Vertrag wirksam bleibt oder nicht. Zum zweiten bekommt der Unternehmer,
wenn der Verbraucher wirksam widerruft und die Sache durch Fahrlässigkeit beim
ihm untergegangen oder verschlechtert worden ist, weder den Kaufpreis, noch
die Sache selbst zurück.
Jedoch ist der Widerruf auch bei einer fehlenden oder fehlerhaften Belehrung
nicht unbegrenzt möglich.
Das Widerrufsrecht erlischt spätestens gemäß § 3 I 3 FernAbsG vier Monate nach
Eingang der Ware bei dem Verbraucher bzw. bei Verträgen über Dienstleistungen
vier Monate nach Vertragsschluß. Falls bei einer Dienstleistung mit dem
Einverständnis des Verbrauchers vor Ablauf der Widerrufsfrist geleistet wird,
so erlischt das Widerrufsrecht unmittelbar bei Beginn der Dienstleistung.
Rechtsanwälte Panke und Partner Wuppertal, Rechtsanwalt Tim Geißler,
20.10.2000
Tim Geißler
Rechtsanwalt
Panke und Partner
Rechtsanwälte GbR
Morianstraße 3
42103 Wuppertal
Tel: 0202 / 4969900
Fax: 0202 / 4969901
www.panke-eurojuris.de
|