Erläuterungen zum
Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen
Referendarin Wiebke Jungjohann
und von Rechtsanwalt Tim Geißler
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I. Gründe zum Erlaß des neuen
Gesetzes
II. Wesentliche Änderungen
Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen
I. Gründe zum Erlaß des neuen Gesetzes
Das Gesetz wurde vom Deutschen Bundestag vor dem
Hintergrund zunehmend langer Zeiträume, innerhalb derer fällige Forderungen
beglichen werden als gesetzgeberische Maßnahme zur Verbesserung der
Zahlungsmoral, verabschiedet.
Insbesondere sollte durch den Erlaß dieses Gesetzes den kleineren und
mittleren Betrieben im Bereich der Bauwirtschaft geholfen werden.
Gerade in diesem Bereich machen sich nämlich die Auftraggeber die
Vorleistungspflicht der Hersteller zu nutzen, indem sie die Zahlung unter
Berufung auf Mängel des Werkes zurückhalten.
Ob die gerügten Mängel tatsächlich gegeben sind oder nicht erfordert dann
oftmals eine aufwendige und zeitraubende Prüfung, während der der Unternehmer
seine Kosten aus eigener Kraft tragen muss und der Besteller sich eine Art
„Justizkredit“ verschafft und die zu erbringenden Zahlungen zunächst
anderweitig einsetzten kann.
Um diesem Mißstand Abhilfe zu leisten, wurde am 17.03.2000 das Gesetz zur
Beschleunigung fälliger Zahlungen verabschiedet.
II. Wesentliche Änderungen
1. Im wesentlichen beinhaltete das Gesetz zwei Neuerungen innerhalb des
allgemeinen Schuldrechts:
a) Der Schuldner kommt jetzt auch ohne vorherige Mahnung in Verzug, wenn er 30
Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder einer gleichwertigen
Zahlungsaufforderung noch nicht geleistet hat.
Mit dieser Regelung orientiert sich das Gesetz an den Vorschlägen der
Europäischen Kommission für eine Richtlinie zur Bekämpfung des
Zahlungsverzuges im Handelsverkehr.
Die Einführung der Neuerung, daß der Schuldner auch ohne vorherige Mahnung in
Verzug geraten kann, ist durchaus positiv zu sehen; schließlich ist es auch
einem Nichtkaufmann sehr wohl möglich, anhand von Rechnung zu erkennen, daß er
eine bestimmte Geldschuld zu erbringen hat.
Auch wird der Verbraucherschutz innerhalb dieser neuen Regelung nicht außer
Acht gelassen, da die Vorschrift nur bei einer Änderung zugunsten des
Verbrauchers und nicht zu dessen Lasten zur Disposition der Parteien steht.
Weiter kann die Frist nicht innerhalb von Allgemeinen Geschäftsbedingungen
negativ für den Besteller abgeändert werden, da laut dem Willen des
Gesetzgebers die Frist durchaus zum Leitbild des § 284 III BGB zählt. Eine
Verkürzung der Frist wäre daher immer nach § 9 AGBG eine unangemessene
Benachteiligung und somit unwirksam.
Durch die Regelung werden dem Rechnungssteller auch Pflichten aufgegeben, die
den bisherigen Ablauf der Rechnungsstellung beeinflussen. Er ist für den
Zugang der Rechnung beweisbelastet. Für die Praxis heißt das, daß die Rechnung
per Einschreiben und Rückschein oder zumindest vorab per Fax versendet werden
muß.
b) Um einen höheren Druck auf den Schuldner auszuüben, wird gleichzeitig der
Verzugszins erhöht: von bisher 4% auf jetzt 5% über dem Basissatz nach § 1
des Diskontsatz-Überleitungs-G ( § 288 I 1 BGB).
Eine Erhöhung der Zinsen war zweifelsohne erforderlich. Der Zinssatz von 4 %
befand sich nämlich auf dem gleichen Niveau, wie zum Zeitpunkt des In-Kraft
Tretens des BGB und das war im Jahre 1903.
Das Ziel der Verzugszinsen, den Schuldner zur pünktlichen Zahlung
anzuhalten, konnte mit dem alten Zinssatz nicht erreicht werde, denn aufrgund
der zwischenzeitlichen Geldentwertung lag der gesetzliche Verzugssinz
wesentlich niedriger als die Kreditzinsen der Bank.
Erhofft wird von der Neuerung, dass sie insbesondere zu einer Entlastung der
Gerichte beitrage, die im geringeren Maße als bisher mit Beweisaufnahmen im
Rahmen der Prüfung des Verzugsschadens (§§ 288 II, § 286 I BGB) belastet
werden.
Durch die Erhöhung der Verzugszinsen wird die Norm nun wieder ihrem Anspruch,
dem Schuldner keinen finanziellen Anreiz für eine Zahlungsverweigerung zu
geben, durchaus gerecht.
2. Besonders die Zahlungsmoral im Werkrecht war lange Zeit Sorgenkind der
klein und mittelständigen Unternehmen. Deshalb sieht das Gesetz weitere
Vereinfachungen insbesondere im Werkvertragsrecht vor:
a) Durch den neu eingeführten § 632 a BGB steht dem Unternehmer nun ein Recht
zu, Abschlagzahlungen für in sich geschlossene Teile des Werkes sowie für
Stoffe, oder Bauteile, die eigens angefertigt oder angeliefert worden sind, zu
verlangen. Dies kann jedoch nur gelten, sofern dem Besteller Eigentum an den
Teilen des Werkes den Stoffen oder Bauteilen übertragen wird oder eine
Sicherheit hierfür durch den Unternehmer erbracht werden kann.
Durch diese Regelung wird im wesentlichen die Vorleistungspflicht des
Unternehmers beseitigt. Eine Norm mit einem ähnlichen Inhalt besteht in § 16
Nr. 1 Abs. 1 VOB/B zwar schon. § 632a BGB hat aber zum einen gegenüber dieser
Norm einen weiteren Anwendungsbereich, zum anderen muß die VOB und somit § 16
Nr. 1 I VOB/B nicht mehr ausdrücklich vereinbart werden.
b) Auch die neue Fassung des § 640 I BGB privilegiert den Unternehmer:
es ist nun nicht mehr möglich, die Abnahme wegen unwesentlicher Mängel zu
verweigern. Zugleich wird ein Übernahmesurrogat bei Nichtabnahme innerhalb
einer gesetzlichen Frist trotz Abnahmefähigkeit des Werkes eingeführt.
Diese Regelung beinhaltet ebenfalls keine völlige Neuerung. Bisher galt
ebenfalls, dass der Unternehmer die Abnahme des Werkes nicht wegen
unwesentlicher Mängel verweigern kann, denn die Abnahmefähigkeit war nie der
Mangelfreiheit gleichzusetzen. Die Vorschrift erfüllt somit vorrangig eine
Klarstellungsfunktion; zumal auch hier eine entsprechende Norm, § 13 Nr. 3
VOB/B bereits existiert, sofern die Geltung der VOB vereinbart war. Es erfolgt
somit eine Harmonisierung aller Werkverträge, unabhängig davon, ob die VOB
gilt oder nicht.
Weiterhin bestimmt die Vorschrift, daß es der Abnahme
gleichsteht, wenn er Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom
Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu
verpflichtete ist.
Durch diese Regelung werden unter anderem Unklarheiten beseitigt, ob die
Werklohnklage des Unternehmers bei fehlender Abnahme schlüssig ist oder nicht.
Laut § 640 I 2 BGB ist nun ausdrücklich vorgeschrieben, dass der Anspruch auf
den Werklohn auch dann fällig ist, wenn erstens das Werk vollendet und
abnahmefähig ist, und zweitens eine vom Unternehmer gesetzte Frist zur Abnahme
vom Besteller nicht genutzt worden ist.
Es wird damit eine Abnahme fingiert, die allein an den Ablauf einer Frist
geknüpft wird. Dadurch wird insbesondere eine Vereinfachung und Beschleunigung
des Verfahrens bewirkt.
In der Praxis heißt das, daß der Unternehmer dem Besteller jeweils unter
Fristsetzung auf einen kalendermäßig bestimmten Tag eine Frist zur Abnahme
setzen muß. Dieses Fristsetzungsschreiben sollte ebenfalls so versandt werden,
dass der Zugang nachgewiesen werden kann.
c) Eine ähnliche Regelung beinhaltete der § 641 a BGB:
danach soll dem Unternehmer bei Verweigerung der Abnahme unter Berufung auf
angebliche Mängel des Werkes die Möglichkeit zustehen, durch einen Gutachter
bescheinigen zu lassen, dass das Werk oder wenigstens Teile davon hergestellt
und frei von Mängel sind. Durch diese Möglichkeit wird die Abnahme durch den
eigentlichen Besteller ersetzt und der Unternehmer kann seinen Anspruch im
Urkundenprozeß einklagen.
Bisher war es dem Unternehmer nur möglich, seinen Anspruch ohne Abnahme
einzuklagen, wenn er die Klage auf Vergütung mit der Klage auf Abnahme
verband.
Eine sofortige Zahlungsklage war bis zum Erlaß des Gesetzes nur denkbar,
sofern der Beklagte zur Abnahme verpflichtet war.
Durch die neu eingeführte Fertigstellungsbescheinigung wird dem Unternehmer
nun eine vorläufige Titulierung seines Anspruches im Urkundenprozeß möglich
sein.
Dies stellt eine bedeutsame Verbesserung der Unternehmerrechte dar.
Der Urkundensprozeß ist eine besondere Prozeßform, in der sowohl die
Ansprüche, als auch die gegnerischen Einwendungen nur durch Urkunden im Sinne
der ZPO als Beweismittel in das Verfahren eingeführt werden können. Andere
Beweismittel, wie z.B. Zeugen, sind nicht zulässig. Die Folge hieraus ist, daß
es dem Besteller nahezu unmöglich ist sich zu verteidigen, es sei denn der
Unternehmer hat die Mängel schriftlich bestätigt oder sie in dem Gutachten
angeführt.
Diese Prozeßform spart viel Zeit und Geld.
c) Das neue Gesetz stärkt auch die Rechte von Subunternehmern in wesentlicher
Form. Bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem der Hauptauftragnehmer seine Vergütung
erhalten hat, wird auch die Forderung des Subunternehmers fällig.
Es soll damit dem durchaus nicht unüblichen Verhalten der Generalunternehmer,
sich gegenüber den Subunternehmern auf die Mangelhaftigkeit des Werkes zu
berufen und die bereits erhaltenen Abschlagzahlungen nicht an sie weiter
zureichen, entgegen gewirkt werden.
Das heißt, dass die Abnahme und Zahlung durch den Besteller an dem
Generalunternehmen unmittelbar auch dem Subunternehmer hilft und seine
Ansprüche fördert.
d) § 641 III BGB erhält eine Neuerung zugunsten des Bestellers, den sogen.
Druckzuschlag: Dem Besteller, der die Beseitigung eines Mangels verlangen
kann, wird hier das Recht zugesprochen, nach der Abnahme Zahlungen in Höhe von
mindestens dem Dreifachen des Betrages, der für die Beseitigung des Mangels
erforderlich ist, zu verweigern.
Durch § 641 III BGB wird dem Besteller das Recht nach Abnahme und somit auch
nach Fälligkeit der Werklohnforderung eingeräumt, einen sogen. Druckzuschlag
für die Beseitigung von Mängeln einzubehalten.
Der dem Besteller zunächst zustehende Anspruch auf Erfüllung konkretisiert
sich nach der zwingenden Abnahme bei lediglich unwesentlichen Mängeln des
Werkes in einen Anspruch auf Mängelbeseitigung. Die Vorschrift regelt damit
ein besonderes Zurückhaltungsrecht für den Besteller, das ihm jedoch nur
zusteht, wenn er die Mängelbeseitigung verlangen kann.
Durch die Einführung des Druckzuschlages wurde nun die bisherige
Rechtsprechung des BGH zur Höhe des Zurückbehaltes in das Gesetz eingefügt.
Der Besteller darf somit mindestens das Dreifache einbehalten, was zur
Beseitigung des Mangels erforderlich ist. Bei wesentlichen Mängeln kann das
dazu führen, dass die gesamte Werklohnforderung bis zur Beseitigung der Mängel
einbehalten werden kann.
e) Auch werden durch das neue Gesetz in § 648a BGB die Sicherheiten zugunsten
der Unternehmer erweitert. Es soll fortan nicht mehr nur möglich sein,
Sicherheiten für die Hauptleistungen zu verlangen; dem Unternehmer sollen
vielmehr auch für die von ihm zu erbringenden Nebenleistungen Sicherheiten
zustehen. Dabei wird die Höhe der Nebenkosten pauschal auf 10% veranschlagt.
Gleichzeitig wird der Schadensersatzanspruch des Bauhandwerkers auf 5% der
Vergütungssumme festgelegt, wenn der Besteller im zeitlichen Zusammenhang mit
dem Sicherungsverlangen kündigt.
Durch die Vorschrift werden zwei Vermutungen
aufgestellt.
- Zunächst wird davon ausgegangen, daß der Besteller kündigt, um der Stellung
der Sicherung zu entgehen, wenn seine Kündigung zeitnah zum
Sicherungsverlangen des Unternehmers erfolgt.
Der Besteller kann jedoch den Beweis antreten, dass dies nicht zutrifft.
- Weiterhin wird angenommen, daß dem Unternehmer eine Schaden von 5% seiner
Vergütung durch die Kündigung des Bestellers entstanden ist. Auch hier steht
dem Besteller der Beweis eines niedrigeren und dem Unternehmer der Beweis
eines höheren Schadens offen.
Rechtsanwälte Panke und Partner Wuppertal,
Rechtsanwalt Tim Geißler, 20.10.2000
Tim Geißler
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